Staatsministerin Carolina Trautner, MdL

„Zahnzustand kann Hinweise auf Kindeswohlgefährdung geben“

Sexueller Missbrauch, körperliche und seelische Gewalt, Vernachlässigung – Tragödien, die für manche Kinder immer noch traurige Realität sind. Wir haben die Pflicht, unsere Kinder vor Gefahren zu schützen, damit sie gewaltfrei und unversehrt aufwachsen können. Der Kinderschutz ist eine gesamtgesellschaftliche Daueraufgabe von höchster Priorität und steht ganz oben auf meiner Agenda.

Mit dem Bayerischen Gesamtkonzept zum Kinderschutz (www.kinderschutz.bayern.de) unterstützen wir die für den Kinderschutz zuständigen Kommunen und die Praxis mit ganzer Kraft bei der Sicherstellung bedarfsgerechter Strukturen. Wir fördern unter anderem in ganz Bayern rund 120 Koordinierende Kinderschutzstellen, rund 180 Erziehungsberatungsstellen und die Bayerische Kinderschutzambulanz als landesweites Kompetenzzentrum.

Sensibilisierung, Prävention, Schaffung von Handlungssicherheit im interdisziplinären Kinderschutz: In unserem bayerischen Gesamtkonzept zum Kinderschutz fügen wir vielfältige Ansätze zusammen und entwickeln sie stetig und bedarfsgerecht weiter. Dabei stimmen wir uns eng mit anderen Ressorts und der Fachpraxis ab.

Die vom Deutschen Jugendinstitut mit positivem Ergebnis evaluierte Bayerische Kinderschutzambulanz (www.kinderschutzambulanz.bayern.de) hat seit mittlerweile zehn Jahren eine zentrale Bedeutung in diesem Gesamtkonzept. Sie hat bundesweite Vorbildfunktion und schließt die Lücke zwischen der Kinder- und Jugendhilfe und medizinischer Diagnostik, was den Kinderschutz in Bayern nachhaltig stärkt.

Wenn Ärztinnen und Ärzte und Fachkräfte der Jugendämter Verletzungen bei Kindern sehen, deren Ursache fragwürdig ist, kommt es darauf an, dass sie schnell reagieren und die Verletzungen richtig einordnen. Deshalb ist das Team der Bayerischen Kinderschutzambulanz als bayernweite Anlaufstelle rund um die Uhr an sieben Tagen in der Woche erreichbar: vor Ort am Institut für Rechtsmedizin der LMU München, über die Kinderschutz-Hotline 089 2180-73011 und über das Telemedizinportal Remed-online (www.remed-online.de).

Darüber hinaus trägt die Bayerische Kinderschutzambulanz im Rahmen von interdisziplinären Qualifizierungs- und Fortbildungsveranstaltungen wesentlich zu landesweit einheitlichen Qualitätsstandards und zur Handlungssicherheit im Kinderschutz bei. Wir wollen die Handlungssicherheit weiter stärken und haben 2019 mit der Bayerischen Kinderschutzambulanz und weiteren medizinischen Fachleuten ein umfassendes und von der Bayerischen Landesärztekammer zertifiziertes E-Learning-Angebot zum Kinderschutz erstellt (www.fortbildungsakademie-im-netz.de/fortbildungen/kinderschutz). Aufgrund des großen Anklanges haben wir das Angebot für weitere Berufsgruppen aus dem Gesundheitsbereich wie Medizinische Fachangestellte, Gesundheits- und Kinderkrankenpflegende sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten geöffnet.

Mit ihrem Angebot und ihrer Expertise trägt die Bayerische Kinderschutzambulanz wesentlich dazu bei, Kinder und Jugendliche vor weiterer Gewalt zu schützen. Deshalb fördern und stärken wir sie auch in der vierten Förderphase von 2022 bis 2025 mit rund 2,4 Millionen Euro.

In diesen vier Jahren baut die Bayerische Kinderschutzambulanz insbesondere ihre Expertise zu allen Gewaltformen – neben körperlicher und sexueller Gewalt nun auch zur seelischen Gewalt – sowie Vernachlässigung aus. Sie greift dabei auch auf das Fachwissen von weiteren Expertinnen und Experten wie zum Beispiel Fachärzten für Psychiatrie zurück. Nicht nur bei offensichtlichen Verletzungen im Mundbereich, sondern auch bei Anhaltspunkten für eine Vernachlässigung, die etwa aufgrund eines schlechten Zahnzustandes naheliegt, können sich Zahnärztinnen und Zahnärzte nun an die Bayerische Kinderschutzambulanz wenden.

Die Bayerische Kinderschutzambulanz wird zukünftig auch stärker den Ausbau regionaler Kinderschutznetzwerke im medizinischen Bereich unterstützen – vor allem die systematische Etablierung von Kinderschutzgruppen in Kliniken. Damit finden wesentliche Erkenntnisse aus dem landesweiten Modellprojekt „Kooperativer Kinderschutz im multiprofessionellen Zusammenwirken“ am Kinderkrankenhaus St. Marien, Landshut, eine Berücksichtigung (www.kinderkrankenhaus-landshut.de/wp-content/uploads/2021/04/KisMed-Abschlussbericht-final.pdf).

Wir bauen auch die digitalen Beratungsstrukturen aus. Die RemApp, eine Video-App, die wir mit zusätzlichen Mitteln finanziert haben, stellt einen datenschutzgesicherten interdisziplinären Austausch über Videokonferenzen sicher. Die App baut auf dem schon bestehenden Angebot „Remed-online“ auf und startet im ersten Quartal 2022.

Zehn Jahre Bayerische Kinderschutzambulanz – zehn Jahre Erfolgsmodell! Ich danke dem gesamten Team für ein Jahrzehnt Pionierarbeit zum Schutz von jungen Menschen vor Gewalt. Allen Menschen, die sich um das Wohl unserer Kinder und Jugendlichen kümmern, wünsche ich von ganzem Herzen weiterhin viel Kraft für ihre Aufgabe von grundlegender und zutiefst menschlicher Bedeutung.