Dr. Jens Kober, Dr. Marion Teichmann und Dr. Rüdiger Schott stehen von 2023 bis 2028 an der Spitze der KZVB.

„Wir brauchen starke Körperschaften“

Der neue KZVB-Vorstand und seine Ziele für die kommenden Jahre

Am 1. Januar hat der neue Vorstand der KZVB sein Amt angetreten. Während Dr. Rüdiger Schott bereits dem alten Vorstand angehörte, sind Dr. Marion Teichmann und Dr. Jens Kober neu im dreiköpfigen Führungsteam. Wir sprachen mit ihnen über ihre Ziele für die Amtszeit 2023 bis 2028.

BZB: Herr Dr. Schott, Sie sind vom stellvertretenden Vorsitzenden zum Vorsitzenden aufgestiegen. Ändert das etwas an Ihrem Selbstverständnis?

Schott: Zunächst möchte ich meinen beiden ausgeschiedenen Vorstandskollegen Christian Berger und Dr. Manfred Kinner für die geleistete Arbeit danken. Ich war, bin und bleibe ein Teamplayer. Die Aufgaben der KZVB sind so vielfältig, dass man sie nur bewältigen kann, wenn alle drei Mitglieder des Vorstands an einem Strang ziehen und auf Augenhöhe agieren. Insofern fühle ich mich im wahrsten Sinn des Wortes als „primus inter pares“. Außerdem haben wir in der KZVB bereits 2017 ein Ressortprinzip eingeführt, wie man es auch aus der großen Politik kennt. Das heißt: Jeder im Vorstand hat eigene Zuständigkeitsbereiche, für die er die Verantwortung trägt. Daran werde ich mich halten.

BZB: Und wofür tragen Sie die Verantwortung?

Schott: Ich bin in erster Linie dafür verantwortlich, dass die KZVB erfolgreiche Vergütungsverhandlungen mit den Krankenkassen führt. Dieser Vorstand hat sein Amt leider in einer äußerst schwierigen Zeit angetreten. Seit dem 1. Januar ist das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz in Kraft, das unseren Handlungsspielraum weiter einschränkt. Bekanntlich müssen die Punktwert- und Budgeterhöhungen in diesem Jahr 0,75 Prozentpunkte und im Folgejahr sogar um 1,5 Prozentpunkte niedriger ausfallen als die Erhöhung der Grundlohnsumme. Und die allermeisten Bema-Leistungen sind wieder budgetiert. Es braucht jetzt intelligente Antworten darauf, wie wir mit diesem Kostendämpfungsgesetz umgehen. Wir müssen ja sowohl das wirtschaftliche Überleben der Praxen sichern als auch die flächendeckende Patientenversorgung aufrechterhalten. Das wird ein gewaltiger Kraftakt.

BZB: Wird es dafür auch Änderungen am Honorarverteilungsmaßstab der KZVB brauchen?

Schott: Das müssen die Mitglieder der Vertreterversammlung entscheiden, denen ich nicht vorgreifen will. Aber erste Weichenstellungen hat noch der alte Vorstand vorgenommen, indem er Ende 2022 neue Budgetbeträge beschlossen hat. Das ist ein klares Signal an die Vertragszahnärzte.

BZB: Nämlich?

Schott: Wir haben PAR-Leistungen in AIT und UPT aufgeteilt. Der Budgetbetrag für die AIT musste massiv abgesenkt werden. Es dürfte klar sein, was das bedeutet: Die Vergütung für PAR-Behandlungen, die 2023 beantragt und begonnen werden, ist nicht vollumfänglich garantiert.

BZB: Und wie sieht es mit den anderen budgetierten Leistungsbereichen aus?

Schott: Leider hat auch dieser Vorstand keine Kristallkugel. Niemand weiß heute, wie sich der Behandlungsbedarf entwickelt. Sollte er aber in etwa auf dem Niveau der Vorjahre bleiben, gehe ich davon aus, dass es bei KCH, KFO und KB allenfalls zu geringen Budgetüberschreitungen kommen wird. Ich darf in diesem Zusammenhang auch schon jetzt an die in Bayern tätigen Krankenkassen appellieren, mit uns zumindest die gesetzlich zulässigen maximalen Punktwert- und Budgeterhöhungen zu vereinbaren. Nur so können wir die Versorgung aufrechterhalten und ein Praxissterben verhindern.

BZB: War es rückblickend ein Fehler, neue PAR-Leistungen in den Bema aufzunehmen, wenn diese nicht vollumfänglich gegenfinanziert sind?

Schott: Auf jeden Fall haben wir wieder einmal gelernt, dass man Versprechungen der Politik keinen Glauben schenken darf. Der damalige Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte uns versichert, dass die PAR-Behandlungsstrecke extrabudgetär vergütet wird. Sein Nachfolger Karl Lauterbach (SPD) hat dieses Versprechen nun gebrochen. Aus meiner Sicht wäre es zielführender gewesen, für die PAR-Behandlung ein Festzuschusssystem einzuführen, wie es sich bei Zahnersatz seit fast 20 Jahren bewährt hat. Es stärkt die Eigenverantwortung der Patienten und gewährleistet eine ausreichende Vergütung. Die finanzielle Lage der gesetzlichen Krankenversicherung wird auch in den kommenden Jahren angespannt bleiben. Wir Zahnärzte haben in den vergangenen Jahren gezeigt, wie man die Solidargemeinschaft entlasten kann, ohne die Versorgung zu verschlechtern. Die präventionsorientierte Zahnmedizin hat zu einer erheblichen Verbesserung der Mundgesundheit geführt. Gleichzeitig haben mittlerweile mehr als 17 Millionen Deutsche eine private Zahnzusatzversicherung.

BZB: Frau Dr. Teichmann, was hat Sie dazu bewogen, sich für das Amt der stellvertretenden Vorsitzenden des Vorstands der KZVB zu bewerben?

Teichmann: Ich bin seit 2013 Fachzahnärztin für Kieferorthopädie und habe 2016 eine eigene Praxis in Markt Indersdorf eröffnet. Außerdem bin ich seit 2021 Landesvorsitzende des Berufsverbandes der Deutschen Kieferorthopäden in Bayern (BDK). Mir ist völlig klar, dass die „goldenen Zeiten“ der Zahnmedizin vorbei sind. Die gegenwärtig aktive Generation steht vermutlich vor viel größeren wirtschaftlichen Herausforderungen als frühere. Ich möchte aber nicht jammern, sondern aktiv dazu beitragen, dass der freiberuflich tätige Zahnarzt und die kleinen, inhabergeführten Praxen eine Zukunft haben.

BZB: Sie sind nicht nur die erste Frau, sondern auch die erste Kieferorthopädin in einem hauptamtlichen KZVB-Vorstand. Wie kam es dazu?

Teichmann: Ich denke, dass die Kieferorthopäden als relativ kleine Gruppe innerhalb der Zahnärzteschaft gut vernetzt sind und sich bei Fortbildungen regelmäßig begegnen. Deshalb sind vergleichsweise viele Kieferorthopäden in die Vertreterversammlung der KZVB gewählt worden. Ich sehe mich aber nicht als KFO-Lobbyistin im Vorstand der KZVB. Mir geht es darum, die Rahmenbedingungen für alle Zahnärztinnen und Zahnärzte zu verbessern. Wir leisten hervorragende Arbeit, die auch entsprechend vergütet werden muss. Die Gesellschaft muss sich fragen, wie viel ihr die Arbeit von Ärzten und Zahnärzten wert ist. Immer neue Kostendämpfungsgesetze und ein GOZ-Punktwert aus dem Jahr 1988 – wer macht sich da noch selbstständig? In meiner Generation übt die Mehrheit den Zahnarztberuf mittlerweile im Angestelltenverhältnis aus. Diesem Trend will ich entgegenwirken. Die Freiberuflichkeit soll wieder Freude machen.

BZB: Herr Dr. Kober, Sie sind seit 27 Jahren niedergelassener Zahnarzt in München. Was hat Sie in die Standespolitik geführt?

Kober: Ich schließe mich den Ausführungen der Kollegin Teichmann vollumfänglich an. Als Landesvorsitzender des Freien Verbandes Deutscher Zahnärzte ist auch mein Motto: „Mitmachen statt meckern“. Die Selbstverwaltung ist ein hohes Gut. Sie setzt aber voraus, dass es immer wieder engagierte Kolleginnen und Kollegen gibt, die sich neben der Arbeit in der Praxis aktiv in den Körperschaften einbringen. Ich habe die KZVB im Sachverständigenteam der Wirtschaftlichkeitsprüfung, im Datenausschuss und zuletzt als Vorsitzender der Bezirksstelle München Stadt und Land kennen- und schätzen gelernt. Die Verwaltung leistet enorm viel für unseren Berufsstand. Den meisten Kollegen ist nicht bewusst, was da im Hintergrund alles abläuft. Allein im Bereich KCH wurden im letzten Jahr fast 15 Millionen Fälle abgerechnet. Fast 2,6 Milliarden Euro wurden pünktlich und zuverlässig an die bayerischen Vertragszahnärzte ausbezahlt. Als Mitglied des Vorstands möchte ich meinen Beitrag dazu leisten, die KZVB zukunftssicher aufzustellen. Solange es Krankenkassen gibt, brauchen wir auch starke Körperschaften aufseiten der Zahnärzte.

BZB: Die Zahnärzte zieht es aktuell vor allem in die städtischen Ballungsräume. Wie kann die KZVB dem entgegenwirken?

Kober: Die hohe Zahnarztdichte in Städten wie München halte ich in der Tat für problematisch. Wir brauchen definitiv wieder mehr Kolleginnen und Kollegen, die bereit sind, in den ländlichen Raum zu gehen. Allerdings herrscht in der Zahnmedizin Niederlassungsfreiheit. Wir müssen also noch mehr Aufklärungsarbeit leisten, und zwar schon an den Hochschulen. Betriebswirtschaftliche Aspekte kommen da noch immer zu kurz. Die Infoveranstaltung für Absolventen der LMU, die die Bezirksstelle München regelmäßig organisiert, kann hier Vorbild sein. Auch die Niederlassungsseminare sind extrem wichtig, sollten aber noch mehr Kollegen erreichen. Wer heute eine Praxis im ländlichen Raum übernimmt, kann noch immer gutes Geld verdienen. In München ist das deutlich schwieriger. Hinzu kommt der Fachkräftemangel, der in den Städten noch dramatischer ist als auf dem Land. Wichtig ist aber auch, dass wir den Vormarsch internationaler Investoren in der Zahnmedizin endlich wirksam bekämpfen. Ich hoffe, dass Bundgesundheitsminister Karl Lauterbach seinen Worten Taten folgen lässt und dem Konzentrationsprozess endlich einen Riegel vorschiebt. Jeder Zahnarzt, der sich in einem fremdkapitalfinanzierten MVZ anstellen lässt, fehlt uns als Gründer oder Übernehmer einer Praxis.

BZB: Welche Rolle spielt die Bürokratiebelastung bei der nachlassenden Niederlassungsbereitschaft?

Kober: Eine ganz erhebliche! Ein echter Bürokratieabbau ist eine der wichtigsten Voraussetzungen, um wieder mehr junge Kolleginnen und Kollegen für die Selbstständigkeit zu begeistern. Das gilt auch und gerade für die Telematik-Infrastruktur, die für die Praxen mit viel Aufwand und Ärger mit bisher wenig erkennbarem Nutzen verbunden ist. Das könnte sich durch das elektronische Beantragungs- und Genehmigungsverfahren nun erstmals ändern, wenn es denn auch funktioniert.

BZB: Frau Dr. Teichmann, die Zukunft der Zahnmedizin ist weiblich. Wie muss die Standespolitik darauf reagieren?

Teichmann: Ich denke nicht, dass Zahnärztinnen andere Erwartungen an die Standespolitik haben als Zahnärzte. Beide erwarten eine angemessene Vergütung der von ihnen erbrachten Leistungen. Die sogenannte Feminisierung der Medizin ist aber eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf setzt voraus, dass genügend bezahlbare Betreuungsangebote vorhanden sind. Die eigene Praxis bietet den Vorteil der freien Gestaltung der Arbeitszeiten. Man muss nicht unbedingt ein MVZ gründen oder in die Anstellung gehen.

BZB: Vielen Dank für das Gespräch!

Die Fragen stellte Leo Hofmeier.

DR. RÜDIGER SCHOTT (63)

„Dieser Vorstand hat sein Amt leider in einer äußerst schwierigen Zeit angetreten. Die Wiedereinführung der Budgetierung hat weitreichende Auswirkungen auf die Praxen“, meint Dr. Rüdiger Schott.

1981 – 1983 Studium Vorklinik in Würzburg
1984 – 1987 Klinisches Studium in Erlangen
1990 Promotion, Praxisgründung in Sparneck
1993 Obmann
2000 – 2004 Mitglied des ehrenamtlichen Vorstands der KZVB
seit 2002 Vorsitzender des ZBV Oberfranken und Mitglied des BLZK-Vorstands
2014 – 2022 Vizepräsident der BLZK
2016 – 2022 Stv. Vorsitzender des Vorstands der KZVB
seit 2023 Vorsitzender des Vorstands der KZVB

DR. MARION TEICHMANN (40)

„Ich möchte nicht jammern, sondern aktiv dazu beitragen, dass der freiberuflich tätige Zahnarzt und die kleinen, inhabergeführten Praxen eine Zukunft haben“, sagt Dr. Marion Teichmann.

2002 – 2008 Studium der Zahnmedizin an der LMU in München
2008 Staatsexamen
2011 Promotion
2013 Fachzahnärztin für Kieferorthopädie/Kieferorthopädin
2013 – 2016 Angestellte Kieferorthopädin
2016 Niederlassung in eigener Fachpraxis in Markt Indersdorf
seit 2021 Landesvorsitzende des Berufsverbandes der Deutschen Kieferorthopäden in Bayern
2022 Wahl in die Vertreterversammlung der KZVB
seit 2023 Stv. Vorsitzende des Vorstands der KZVB

DR. JENS KOBER (57)

„Ein echter Bürokratieabbau ist eine der wichtigsten Voraussetzungen, um wieder mehr junge Kolleginnen und Kollegen für die Selbstständigkeit zu begeistern“, ist Dr. Jens Kober überzeugt.

1986 – 1992 Studium der Zahnmedizin an der LMU München
1992 – 1994 Assistenzzahnarzt bei Dr. Eberhart Marchner in München
1994 Promotion
1995 Übernahme der Praxis Dr. Marchner
seit 2019 Mitglied des Aufsichtsrates der ABZ eG
seit 2017 Vorsitzender der KZVB Bezirksstelle München Stadt und Land
seit 2022 Landesvorsitzender des Freien Verbandes Deutscher Zahnärzte in Bayern
seit 2023 Mitglied des Vorstands der KZVB