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Unternehmen Zahnarztpraxis

Teil 12: Versicherungsschutz für die Praxis

Wer eine Zahnarztpraxis erfolgreich führen will, braucht mehr als nur zahnmedizinisches Fachwissen. Fast genauso wichtig ist betriebswirtschaftliches und rechtliches Know-how. Das BZB beleuchtet in der Serie „Unternehmen Zahnarztpraxis“ die wichtigsten betriebswirtschaftlichen Aspekte, auf die es bei der Gründung und Führung einer Praxis ankommt. Im zwölften Teil geht es um das Thema Versicherungen. Der folgende Beitrag von Michael Weber, Versicherungs- und Vorsorgeberater Heilberufe des ZEP Zentrum für Existenzgründer und Praxisberatung der BLZK, soll einen Überblick geben. Er basiert auf einem Vortrag für das „Kursprogramm Betriebswirtschaft“ der eazf.

Michael Weber ist Versicherungs- und Vorsorgeberater Heilberufe des
ZEP Zentrum für Existenzgründer und Praxisberatung der Bayerischen
Landeszahnärztekammer. @ privat

Vielleicht haben Sie das auch schon in Ihrer bisherigen beruflichen Laufbahn erlebt: Diverse Versicherungsvermittler informieren Sie über vermeintlich notwendige Versicherungen. Aber werden diese wirklich alle benötigt? Was ist wichtig und auf was kann möglicherweise verzichtet werden?

Berufshaftpflichtversicherung

Zahnärzte benötigen ein besonders hohes Maß an Risikoabsicherung, da sie bei der täglichen Arbeit mit dem kostbarsten Gut überhaupt zu tun haben – der Gesundheit des Menschen. Trotz größter Umsicht können dabei Fehler unterlaufen, für die dann die Haftung übernommen werden muss. Behandler sind gesetzlich verpflichtet, den Schaden zu ersetzen, den sie einer Person zufügen. Hinzu kommt, dass nicht nur für das eigene Handeln, sondern auch für das der Mitarbeitenden die Verantwortung zu tragen ist.

Die Berufshaftpflichtversicherung ist eine der wichtigsten Policen für den Zahnarzt und deshalb auch verpflichtend. Die Versicherung übernimmt berechtigte Ansprüche und wehrt unberechtigte ab. Im Falle einer Klage des Anspruchstellers führt der Haftpflichtversicherer den Rechtsstreit auf eigene Kosten und im Namen des Versicherungsnehmers.

Kostenfrei mitversichert sind medizinisches und sonstiges Hilfspersonal sowie Vorbereitungs- und Weiterbildungsassistenten. Angestellte Zahnärzte müssen eigenständig versichert werden. Diese Absicherung sollte über die Police des Inhabers erfolgen.

Die Pflichtversicherungssumme beträgt mindestens drei Millionen Euro, zweifach maximiert pro Jahr. Wer angestellte Zahnärzte beschäftigt (Vorbereitungsassistenten ausgenommen), benötigt eine Deckungssumme in Höhe von mindestens fünf Millionen Euro, dreifach maximiert pro Jahr. Gute Anbieter verlangen etwa 300 bis 400 Euro Prämie für eine Einzelpraxis.

Privathaftpflichtversicherung als wichtige Ergänzung

Unerlässlich ist auch die Privathaftpflichtversicherung. Sofern sie nicht über die Berufshaftpflicht bereits mit abgesichert ist, was häufig nicht der Fall ist, bedarf es einer eigenen Absicherung. Empfehlenswert ist eine Deckungssumme von mindestens zehn Millionen Euro.

Praxisinventarversicherung

Die Praxisinventarversicherung übernimmt ähnlich wie eine Hausratversicherung die Absicherung der gesamten Praxiseinrichtung. Nicht selten stecken Investitionen von mehreren Hunderttausend Euro in der Praxis. Diese Investitionen sollten gegen die Risiken Feuer, Leitungswasser, Einbruchdiebstahl, Vandalismus und Sturm abgesichert sein. Je nach Lage der Praxis ist zudem eine Elementarschadenversicherung sinnvoll.

Gängige Policen bemessen die Prämie nach dem Neuwert der Praxiseinrichtung. Da dieser nicht immer ganz genau feststellbar ist und somit im Schadensfall das Risiko einer Unterversicherung und Leistungskürzung droht, sind Konzepte zu empfehlen, die nach Umsatz tarifieren. Der Vorteil: Gerade in der Startphase einer Praxis sind diese Absicherungen zumeist günstiger. Zudem wird die Gefahr einer Unterversicherung bei korrekter Eingabe der Daten minimiert. Über einen besonderen Rahmenvertrag der Bayerischen Landeszahnärztekammer ist bei korrekter Umsatzangabe (ohne Fremdlabor) eine Absicherung des Praxiswertes von bis zu 1,5 Millionen Euro möglich.

Mit eingeschlossen ist in den meisten Verträgen die Betriebsunterbrechungsversicherung. Diese übernimmt die Praxiskosten einschließlich des Gewinnes des Inhabers, wenn die Praxis wegen eines versicherten Schadens (z. B. einem Brand) längere Zeit geschlossen bleiben muss.

Elektronikversicherung

Die Elektronikversicherung kann im Einzelfall sinnvoll sein. Sie übernimmt Schäden nach Überspannung oder unsachgemäßer Handhabung elektronischer Einrichtungsgestände wie zum Beispiel dem Röntgengerät oder dem Cerec. Überspannungsschäden durch Blitz sind allerdings oft bereits (teilweise) über die Inventarversicherung abgedeckt. Daher stellt sich die Frage, ob sich eine Elektronikversicherung nur für die Absicherung von Schäden durch Netzschwankungen oder unsachgemäße Handhabung wirklich lohnt. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass in fast allen Angeboten eine Selbstbeteiligung von mindestens 250 Euro als vereinbart gilt, ist die Notwendigkeit einer Elektronikversicherung kritisch zu prüfen. Oftmals lassen sich Geräte auch einzeln kostengünstig absichern.

Rechtsschutzversicherung

Wie oben erläutert übernimmt die Berufshaftpflicht die Rechtsanwaltskosten bei Berufshaftpflichtfällen. Im privaten und arbeitsrechtlichen Bereich muss man sich jedoch selbst um die Kostenübernahme des Anwaltes bei rechtlichen Auseinandersetzungen zum Beispiel mit Angestellten, dem Finanzamt oder mit dem Depot kümmern. Eine Rechtsschutzversicherung ist für Freiberufler daher absolut empfehlenswert.

Gute Absicherungen bieten Sondertarife, die das komplette Spektrum abdecken (Verkehrs-, Berufs-, Privatrechtsschutz und Rechtsschutz für gemietete Wohnungen bzw. für privat und gewerblich selbst genutzte Objekte). Mit eingeschlossen sein sollten unbedingt der Praxis-Vertragsrechtsschutz sowie der Spezial-Straf-Rechtsschutz. Vermietete Wohnungen und Häuser müssen jedoch eigenständig versichert werden. Rahmenverträge der BLZK bieten Sonderkonditionen und ergänzende Leistungen wie zum Beispiel die Kostenübernahme bei Erstellung einer Vorsorgevollmacht oder die Überprüfung unberechtigter Bewertungen bei jameda, Google und Co.

Cyber-Versicherung

Die Cyber-Versicherung ist inzwischen auch für Zahnarztpraxen ein wichtiger Baustein. Gelangt durch eine versehentlich geöffnete Mail ein Trojaner oder ein Computervirus auf den Praxisrechner, bleibt dies zunächst oft unbemerkt. Doch nach einigen Wochen ist der Bildschirm plötzlich schwarz und die Hacker verlangen eine Zahlung in Bitcoin, damit der Rechner wieder freigeschaltet wird. Will man dieses „Lösegeld“ nicht bezahlen – Forderungen bei Praxen lagen teilweise bei 50.000 Euro – und darauf hoffen, dass die Erpresser tatsächlich nach der Zahlung die Systeme freischalten, bedarf es zur Entschlüsselung eines Spezialisten. Dessen Kosten liegen zwischen 1.000 und 2.000 Euro pro Tag und Arbeitskraft. Mehrere Tage Arbeit für die Bereinigung der Daten sind keine Seltenheit. Das Hauptproblem wird jedoch darin liegen, kurzfristig überhaupt einen Spezialisten zu finden.

Eine Cyber-Versicherung schützt nicht vor dem Angriff selbst. Hierzu ist Vorsicht und eine gute Absicherung der Systeme mit Firewall, regelmäßigen Updates und Virenscannern erforderlich. Die Cyber-Versicherung verfügt allerdings über einen Pool an Spezialisten und übernimmt die Kosten für deren Arbeit. Können auch Experten den Trojaner nicht entfernen oder den Virus finden, werden die Kosten für eine neue EDV übernommen. Im Versicherungsumfang eingeschlossen ist die Verteidigung gegen Ansprüche aus einer möglichen Datenschutzverletzung.

Krankentagegeld zur Einkommensabsicherung

Für niedergelassene Zahnärzte ist der Praxisgewinn als Einkommen Existenzgrundlage. Daher ist es unerlässlich, für den Krankheitsfall eine ausreichende Absicherung vorzuhalten. Hierbei ist zwischen gesetzlich und privat Versicherten zu unterscheiden:

1. Gesetzlich Versicherte

Gesetzlich versicherte Selbstständige erhalten je nach Vereinbarung mit der Krankenkasse von dieser nach einer vier- oder sechswöchigen Karenzzeit ein Krankengeld. Dieses bemisst sich nach dem Einkommen, das zur Beitragsberechnung herangezogen wird. Allerdings sind von diesem Krankengeld noch die anteiligen Beiträge zur Pflegeversicherung und zum Versorgungswerk zu entrichten, wodurch sich das effektive Krankengeld weiter reduziert. Noch deutlicher wird der Einkommensverlust, wenn das durchschnittliche Bruttoeinkommen über der Beitragsbemessungsgrenze liegt (2024 sind das 5.175 Euro im Monat). In diesem Falle reduziert sich das von der Krankenkasse zu zahlende Tagegeld auf einen Höchstsatz, der in der Regel unter dem tatsächlichen Einkommen liegt. Aktuell beträgt dieser etwa 120 Euro je Tag.

Daher gilt für gesetzlich Versicherte: Ergänzend oder auch ausschließlich sollte die im Krankheitsfall entstehende Einkommenslücke über eine private Tagegeldversicherung geschlossen werden. Wichtig zu wissen: Bei der privaten Absicherung können kürzere Karenzzeiten von 14, 21 oder 28 Tagen gewählt werden. Auch eine Karenzzeit von acht Tagen ist denkbar, aber teuer und daher nicht zu empfehlen.

2. Privat Versicherte

Wer als freiberuflicher Zahnarzt privat versichert ist, sollte (und muss) das gesamte eigene Einkommen über die private Krankenversicherung abdecken. Die gesetzliche Krankenversicherung leistet hier nicht! Ratsam ist es, das private Krankentagegeld beim gleichen Anbieter abzusichern, bei dem man auch privat krankenversichert ist. Die Höhe des Tagegeldes bemisst sich hierbei nach dem Gewinn abzüglich Steuern. Wer bereits aus seiner Angestelltentätigkeit ein Tagegeld versichert hat, sollte dies nun sowohl in der Höhe als auch hinsichtlich der Karenzzeiten anpassen. Wichtig: Prüfen Sie regelmäßig die Höhe der Absicherung!

Praxisausfallversicherung

Viele private Krankentagegeldversicherer decken zwar das Einkommen des Praxisinhabers ab, nicht jedoch die laufenden Kosten wie Miete, Leasingraten, Zinsen oder Gehälter von Mitarbeitenden. Um diese Kosten abzusichern, empfiehlt sich eine Praxisausfallversicherung. Diese übernimmt nach Ablauf der individuell vereinbarten Karenzzeit die laufenden Praxisfixkosten. Ob diese Absicherung tatsächlich nötig ist, hängt von diversen Faktoren ab. Als Mitglied einer Berufsausübungsgemeinschaft, in der sich die Inhaber gegenseitig auch im Krankheitsfall vertreten, kann unter Umständen auf eine Praxisausfallversicherung verzichtet werden. Gleiches gilt, wenn eine Praxisvertretung auch über einen längeren Zeitraum den Betrieb sicherstellen kann. Für „Einzelkämpfer“, zum Beispiel in einer ländlichen Region ohne Möglichkeit einer Praxisvertretung, ist eine Praxisausfallversicherung hingegen als Ergänzung zum Krankentagegeld empfehlenswert.

Berufsunfähigkeitsversicherung

Spätestens mit dem Eintritt ins Erwerbsleben – besser bereits während des Studiums – sollte eine private Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen werden. Sie greift in denjenigen Fällen, in denen der Beruf nicht mehr ausgeübt werden kann. Die Versorgungswerke zahlen zwar eine Berufsunfähigkeitsrente, aber zumeist erst dann, wenn die Tätigkeit gar nicht mehr ausgeübt werden kann. Was aber passiert, wenn noch für ein paar Stunden täglich Arbeitsfähigkeit besteht?

Wichtig ist insbesondere, dass der Versicherer auf die sogenannte „abstrakte Verweisung auf andere Berufe“ verzichtet. Die Laufzeit des Vertrages sollte zudem mindestens das Endalter 65, besser noch das Endalter 67 berücksichtigen. Stand heute ist kaum zu erwarten, dass die volle Altersrente des Versorgungswerkes in Zukunft weit vor dem 65. Lebensjahr beginnen kann – daher besser auf Nummer sicher gehen.

Oft angeboten wird eine Kopplung an eine sogenannte Rürup- oder Basisrente. Als wesentliche Vorteile werden in der Regel die steuerliche Absetzbarkeit der Beiträge und der Aufbau einer zusätzlichen Altersvorsorge genannt. Was dabei aber vergessen wird: Die Beiträge sind zumeist höher als bei einer reinen Risikoversicherung und die steuerliche Absetzbarkeit insbesondere zu Beginn der beruflichen Tätigkeit (z. B. in der Studien- und Assistentenzeit) eher gering.

Ein weiterer bedeutender Nachteil: Kommt es zur Berufsunfähigkeit, ist ein Großteil der Rente zu versteuern. Bei einer reinen Risikoabsicherung ist der steuerpflichtige Anteil deutlich niedriger, häufig ist die Leistung sogar komplett steuerfrei. Daher: Risiko und Vorsorge besser trennen. Was allerdings sinnvoll sein kann, ist, bei einem Altersvorsorgevertrag Beitragsbefreiung bei Berufsunfähigkeit zu vereinbaren. Dies bedeutet, dass der Versicherer die weitere Beitragszahlung für die Altersvorsorge übernimmt, sofern der Versicherte berufsunfähig wird. Die Mehrkosten für diesen Baustein sind zumeist überschaubar.

Für die Absicherung eigener Kinder bieten viele Versicherer eine sogenannte Schüler-BU an, durch die der Nachwuchs zu einem sehr günstigen Beitrag bereits über eine Grundabsicherung verfügt. Mit dem Eintritt ins Erwerbsleben kann der Vertrag dann in der Regel ohne erneute Gesundheitsprüfung angepasst werden.

Für einen begrenzten Zeitraum haben Mitglieder der BLZK die Option, eine Berufsunfähigkeitsversicherung mit verkürzter Gesundheitsprüfung abzuschließen. Der Tarif bietet neben einem hervorragenden Bedingungswerk (keine Verweisbarkeit auf andere Berufe, Leistung bereits ab 50 Prozent Berufsunfähigkeit) auch eine günstige Prämie. Eine weitere Besonderheit: Der Versicherer verzichtet bei der Antragstellung fast ganz auf die sonst übliche Gesundheitsprüfung. Lediglich drei Gesundheitsfragen müssen, neben den üblichen Fragen nach gefährlichen Hobbys und dem versicherbaren Einkommen, bei Antragstellung beantwortet werden.

Michael Weber, München

KURSPROGRAMM BETRIEBSWIRTSCHAFT
Um Zahnärzte bei unternehmerischen Herausforderungen zu unterstützen, hat die eazf ein betriebswirtschaftliches Kursangebot für Assistenten, Angestellte und Praxisinhaber zusammengestellt, das speziell auf die Anforderungen des Unternehmens Zahnarztpraxis zugeschnitten wurde. Das Programm wird von der Bayerischen Landeszahnärztekammer und der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Bayerns im Rahmen ihrer Kooperation gemeinsam getragen. Das BZB berichtet in diesem Jahr über thematisch ausgewählte Vorträge einzelner Referenten und veröffentlicht im Rahmen der Serie „Unternehmen Zahnarztpraxis“ die wichtigsten betriebswirtschaftlichen Tipps für Zahnarztpraxen.

Weitere Informationen zum Kursangebot finden Sie auf der Website der eazf: www.eazf.de/sites/bwl-curriculum

HILFE FÜR EXISTENZGRÜNDER: DER BERATUNGSSERVICE DES ZEP
Das ZEP Zentrum für Existenzgründer und Praxisberatung der Bayerischen Landeszahnärztekammer bietet niederlassungswilligen Zahnärztinnen und Zahnärzten in Bayern kostenfrei eine unabhängige und individuelle Erstberatung an. Terminvereinbarung unter folgenden Kontaktdaten: ZEP Zentrum für Existenzgründer und Praxisberatung der BLZK

Telefon: 089 230211-412, Fax: 089 230211-488, E-Mail: zep@blzk.de

Weitere Informationen finden Sie auf der Website der BLZK: www.blzk.de/zep