Unter dem Radar

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

„Kanzler werden ist schon schwer, Kanzler sein sogar noch mehr“. Frei nach Wilhelm Busch hoffe ich, dass der Wahlsieger Friedrich Merz schnell eine stabile Regierungskoalition schmieden kann und Deutschland wieder „auf Spur“ bringt, auch wenn das einer Herkulesaufgabe gleicht. Drei Schwerpunkte hat Merz genannt: Wirtschaft, Migration, Außen- und Sicherheitspolitik. Die Gesundheit spielt wie so oft eine untergeordnete Rolle. Aber ganz ehrlich: Ich bin froh darüber. Es wäre mir sehr recht, wenn wir im Koalitionsvertrag gar nicht erwähnt werden. Wir Zahnärzte sind immer gut damit gefahren, wenn wir „unter dem Radar“ geblieben sind. Natürlich haben auch wir „Forderungen“ an die künftige Bundesregierung (siehe Seite 7), aber ich bin lange genug im (standes-)politischen Geschäft, um unsere Erfolgsaussichten realistisch einschätzen zu können. Deutschland hat momentan leider größere „Baustellen“ als die Zukunft der zahnmedizinischen Versorgung. Das ist aber kein Grund, in Resignation zu verfallen. Denn erstens ist Zahnarzt nach wie vor ein sehr attraktiver Beruf, vor allem dann, wenn man ihn freiberuflich ausübt. Die Niederlassung lohnt sich – gerade im ländlichen Raum. Wenn Sie mehr darüber erfahren wollen, empfehle ich Ihnen unser neues „Niederlassungsradar“, das Sie im internen Bereich von kzvb.de finden. Und zweitens haben wir als Berufsstand dank der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen noch immer vieles selbst in der Hand. Die Stärkung der Selbstverwaltung ist deshalb aus meiner Sicht die wichtigste Forderung an die künftige Bundesregierung. Bedarfsplanung, Digitalisierung, Bürokratieabbau, Fachkräftemangel, flächendeckende Versorgung – all das können wir Zahnärzte selbst am besten regeln. Zentralismus war schon immer schlecht. Besonders negativ wirkt er sich im Gesundheitswesen aus, wie die Krankenhausreform zeigt. Statt die Betroffenen vor Ort entscheiden zu lassen, welche Klinik noch gebraucht wird, dreht man kleineren Häusern im ländlichen Raum einfach den Geldhahn zu.

Beispiele dafür, wozu die Selbstverwaltung in der Lage ist, wenn man sie denn lässt, gibt es genug – gerade in Bayern.

Lauterbachs GKV-Finanzstabilisierungsgesetz: bislang keine Auswirkungen auf die bayerischen Vertragszahnärzte! Wirtschaftlichkeitsprüfung: neue Berechnungsformel, die kleinere Praxen künftig besserstellt! Versorgung von Menschen mit Behinderung: ITN-Vertrag mit der AOK Bayern! Digitalisierung: EBZ und nahezu papierlose Abrechnung in der KZVB! Bürokratie: Wir unterstützen beim Nachweis der Fortbildungspflicht sowie bei der Qualitätsprüfung und -sicherung! Nachwuchs: Wir haben Hunderte von angestellten Zahnärzten auf dem Weg in die Niederlassung begleitet und sie unter anderem mit Startzahlungen unterstützt!

Diese Aufzählung ließe sich fortsetzen. Wenn Sie also in den kommenden Wochen nichts darüber lesen, was die neue Bundesregierung mit den Zahnärzten vorhat, muss das kein Nachteil sein. Der künftige Bundesgesundheitsminister ist gut beraten, wenn er möglichst viele Entscheidungen auf die Selbstverwaltung delegiert. Wir können das! Sollten der Berliner Zentralismus und die Entmachtung der Selbstverwaltung allerdings unter einem Bundeskanzler Merz fortgeführt werden, ist die Versorgung ernsthaft in Gefahr. Wir werden alles tun, damit es nicht dazu kommt.

Ihr Rüdiger Schott
Vorsitzender des Vorstands der KZVB