Politische Medizin

Neue Studie des ZZF Potsdam erforscht das Gesundheitsministerium der DDR

Gesundheitspolitik ist ein Schlüsselbereich staatlichen Handelns, dessen Prägekraft für das Leben der Bürgerinnen und Bürger zuletzt besonders klar in der Corona-Pandemie hervortrat. Jutta Braun vom Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam (ZZF) hat das Gesundheitsministerium der DDR erforscht: Hat sich die sozialistische Hoffnung vom gleichberechtigten Zugang zur Gesundheitsversorgung für alle erfüllt? Welche Politisierung erhielt die Medizin durch den Ost-West-Konflikt?

Während die DDR im Systemvergleich mit der Bundesrepublik Erfolge im „Impfkrieg“ und in der Arbeitsmedizin verzeichnete, prägten bald auch Engpässe in der Pharmazie den Alltag. Zudem wurde das Gesundheitswesen zum Schauplatz eines Geheimdienstkrieges zwischen Ost und West. Jutta Braun: „Die Studie zeigt, wie in den Propaganda-Schlachten des Kalten Krieges Seuchen zu politischen Viren umgedeutet wurden.“

Ein Schwerpunkt liegt auf der Geschichte des Ministeriums im Machtgeflecht des SED-Staates: Welche Persönlichkeiten – wie etwa Maxim Zetkin, der Chirurg und Gesundheitspolitiker – prägten das politische Geschehen? Welchen Einfluss hatte die Staatssicherheit auf den Behörden-Alltag? Die Studie untersucht zudem die Nachgeschichte des Nationalsozialismus: Welche Rolle spielte die Aufklärung von NS-Medizinverbrechen für das Ministerium, wie ging die Behörde mit NS-Belastungen in den eigenen Reihen und der Ärzteschaft um?

Die Arbeit bietet somit einen quellennahen Einblick in die ehrgeizige Umsetzung einer gesundheitspolitischen Utopie und die gravierende Auswirkung von Machtkämpfen für das Führungspersonal des Ministeriums. Die Studie, die vom Bundesministerium für Gesundheit gefördert wurde, ist damit auch ein Beitrag zur Frage politischer Brüche und Kontinuitäten in Deutschland nach 1945.

Redaktion


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