Neues Gesetz kann auch Zahnärzte betreffen
Zum 28. Juni 2025 trat das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) in Kraft. Ziel des Gesetzes ist es, Produkte und Dienstleistungen für Menschen mit Behinderungen oder Einschränkungen besser zugänglich zu machen. Doch was bedeutet das BFSG für Zahnarztpraxen?
Wen betrifft das Gesetz?
Das BFSG richtet sich in erster Linie an Anbieter von Smartphones, Tablets oder Notebooks sowie an Erbringer von Dienstleistungen wie beispielsweise Banken und Telekommunikationsservices.
Auf den ersten Blick wird man daher vermutlich davon ausgehen, dass Zahnärzte vom BFSG nicht betroffen sind. Doch laut § 1 Abs. 3 Nr. 5 gilt das BFSG auch für sogenannte „Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr“. Diese sind in § 2 Nr. 26 definiert als „Dienstleistungen der Telemedien, die über Websites und über Anwendungen auf Mobilgeräten angeboten werden und elektronisch und auf individuelle Anfrage eines Verbrauchers im Hinblick auf den Abschluss eines Verbrauchervertrages erbracht werden“. Laut aktueller Rechtsauffassung fallen hierunter auch die im Dienstleistungssektor mittlerweile gängigen Online-Terminbuchungstools.
Für Zahnarztpraxen bedeutet das Folgendes: Wenn ein Patient auf der Website der Zahnarztpraxis online einen konkreten Termin buchen kann, muss diese Website barrierefrei sein.
Ausnahme für Kleinstunternehmen
Doch es gibt eine wichtige Ausnahme: Kleinstunternehmen sind laut § 3 Abs. 3 Satz 1 vom Anwendungsbereich des BFSG ausgenommen. Als Kleinstunternehmen gelten laut § 2 Nr. 17 Unternehmen mit weniger als zehn Beschäftigten und einem Jahresumsatz oder einer Jahresbilanzsumme von höchstens zwei Millionen Euro.
Die Zahl der Beschäftigten wird auf Grundlage der Jahresarbeitseinheiten ermittelt. Eine Jahresarbeitseinheit entspricht einer während eines Jahres in Vollzeit tätigen Person. Beschäftigte, die nur einen Teil des Jahres angestellt waren oder in Teilzeit angestellt sind, werden anteilig berücksichtigt. Nicht einbezogen werden Auszubildende sowie Mitarbeitende, die sich im Mutterschutz oder in Elternzeit befinden.
Viele Zahnarztpraxen dürften als Kleinstunternehmen gelten und sind damit nicht verpflichtet, ihre Website barrierefrei zu gestalten, selbst wenn sie ein Online-Terminbuchungstool anbieten. Anders kann es aber bei größeren Praxen oder bei Medizinischen Versorgungszentren aussehen.
Was bedeutet barrierefrei?
Laut § 3 Abs. 1 Satz 2 sind Produkte und Dienstleistungen barrierefrei, „wenn sie für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sind“. Konkrete Anforderungen lassen sich hieraus nicht ableiten. Unter Bezugnahme auf die sogenannte Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) ergeben sich jedoch Kriterien, an denen sich die Barrierefreiheit einer Website messen lässt: Wahrnehmbarkeit und Verständlichkeit der Inhalte sowie Bedienbarkeit und Robustheit der Website.
Was ist zu tun?
Zahnarztpraxen, die ein Online-Terminbuchungstool bereitstellen, sollten prüfen, ob sie unter das BFSG fallen. Ist dies der Fall, so besteht Handlungsbedarf, denn eine unterlassene oder fehlerhafte Umsetzung kann erhebliche Auswirkungen haben. Insbesondere können Verstöße mit Geldbußen von bis zu 100.000 Euro geahndet werden.
Fazit
Auch wenn das BFSG für viele Zahnarztpraxen keine unmittelbaren Pflichten mit sich bringen wird, sollten sich insbesondere größere Praxen, die ein Online-Terminbuchungstool bereitstellen, frühzeitig mit den neuen Anforderungen auseinandersetzen. Denn eine barrierefreie Website ist seit dem 28. Juni 2025 nicht nur verpflichtend, sondern auch ein Zeichen für Patientenfreundlichkeit und Inklusion.
Dr. Lina Reichmuth
Assessorin (Ass.iur.)
GB Rechtsangelegenheiten und Gerichtsverfahren (RG)