Dr. Ralf Schauer erklärt, was erfolgreiche Zahnärzte ausmacht
Als Steuerberater kennt Dr. Ralf Schauer die wirtschaftliche Lage vieler Arzt- und Zahnarztpraxen. Er ist überzeugt: Die Niederlassung lohnt sich. Warum, erklärt er in seinem neuen Buch mit dem Titel „Mission: Possible“.
BZB: Die Niederlassungsbereitschaft hat einen Tiefstand erreicht. Über 3 000 Zahnärzte in Bayern arbeiten mittlerweile als Angestellte. Wie erklären Sie sich das?
Schauer: Die Ursachen für den Wandel bei der Berufsausübung sind vielfältig. Wenn man mit dem „Nachwuchs“ spricht, kommt als erstes Argument die Bürokratiebelastung. Auch die Work-Life-Balance und die Familienplanung spielen eine Rolle. Es gibt ja heutzutage fast keine „asymmetrischen“ Beziehungen mehr. Also Akademiker heiraten meist Akademikerinnen. Dadurch sind sie aber dann räumlich gebunden. Dax-Unternehmen sitzen in Bayern nun einmal in München.
BZB: Das heißt, Sie empfehlen Zahnärzten eher den ländlichen Raum für die Praxisgründung oder -übernahme?
Schauer: Mit dem richtigen Konzept sind Sie überall erfolgreich. Aber gerade München ist definitiv überversorgt. Rund 600 Einwohner pro Zahnarzt – da müssen Sie schon ein sehr gutes Marketing machen. Oder Sie sind der Spezialist für ein bestimmtes Behandlungsgebiet. Einige sehr erfolgreiche Landpraxen haben dagegen bis heute keine Website, was Sie als Übernehmer aber ganz schnell ändern sollten.
BZB: Wer sich für eine Landpraxis entscheidet, muss also Ihr Buch gar nicht mehr lesen …
Schauer: (lacht) Jeder Zahnarzt sollte mein Buch lesen. Ein volles Wartezimmer heißt nämlich nicht automatisch, dass man viel Geld verdient. Sie müssen sich schon auch fragen: Habe ich die Patienten, die ich will und brauche? Um eine Praxis wirtschaftlich zu betreiben, müssen Sie im Durchschnitt 350 Euro in der Stunde umsetzen. Das werden Sie nur mit Kassenleistungen kaum erreichen. Die KZVB wirbt ja nicht ohne Grund seit Jahren dafür, die Schnittstellen zwischen Bema und GOZ konsequent zu nutzen. Auch beim Steigerungsfaktor sind viele Praxen noch immer zu zurückhaltend. Sie müssen dem Patienten klarmachen, dass Sie und Ihr Team Spitzenleistungen erbringen, die ihren Preis haben.
BZB: Im ländlichen Raum sind aber in der Regel die Einkommen der Patienten niedriger als in den Großstädten.
Schauer: 20 Millionen Deutsche haben mittlerweile eine Zahnzusatzversicherung, und die leben nicht alle in München oder Berlin. Im Übrigen gilt auch in der Zahnmedizin das Prinzip von Angebot und Nachfrage. In den kommenden fünf Jahren erreicht ein Viertel der Praxisinhaber das Ruhestandsalter. Viele werden keinen Nachfolger finden. Die Praxislandschaft dünnt sich also aus. Das heißt, dass die verbleibenden Praxen alle Hände voll zu tun haben werden. Lange Wartezeiten für gesetzlich Versicherte, wie wir sie heute schon von Fachärzten kennen, werden dann auch in einigen Zahnarztpraxen Realität sein. Ihre Zulassung zwingt Sie übrigens nur dazu, 20 Stunden in der Woche gesetzlich Versicherte zu behandeln. Den Rest der Zeit können Sie Golf spielen – oder Privatleistungen erbringen.
BZB: Bis jetzt haben wir vor allem über den richtigen Standort gesprochen. Was braucht es noch für die Mission Possible?
Schauer: Ich habe über viele Jahre beobachtet, was erfolgreiche von weniger erfolgreichen Praxisinhabern unterscheidet – und daraus ein strukturiertes System entwickelt. Es basiert auf vier Säulen: Systeme, Prozesse, Marketing und Personal, ergänzt um den wirtschaftlichen Bereich, die Finanzen. Das kann man alles lernen – es muss einem nicht in die Wiege gelegt sein.
BZB: Was macht einen Zahnarzt zum Unternehmer?
Schauer: Die erfolgreichsten Zahnärzte, die ich kenne, sind allesamt Optimisten. Positives Denken führt zu positiven Ergebnissen. Glauben Sie an sich selbst, an Ihre Fähigkeiten und an Ihren Erfolg! Wenn jemand zu wenig Selbstvertrauen hat, kann ich ihm vom Schritt in die Selbstständigkeit eigentlich nur abraten. Gewisse Managementfähigkeiten sollten Sie aber auch mitbringen – oder sich aneignen. Eine Praxis ist ein kleines Unternehmen. Für einen guten Workflow braucht es klare Strukturen, optimierte Abläufe, Checklisten und eine funktionierende IT-Infrastruktur.
BZB: Und wie werde ich ein guter Chef?
Schauer: Wir leben aktuell in einem Arbeitnehmermarkt. Die Mitarbeitergewinnung und vor allem -bindung spielen deshalb eine immer wichtigere Rolle für den Erfolg einer Praxis. Das Gehalt ist dabei nur ein Baustein. Ganz wichtig ist eine positive Arbeitsatmosphäre. Das beginnt bei Kleinigkeiten wie kostenlosen Getränken, einem Obstkorb, einem gemütlichen Sozialraum oder einem Deutschlandticket. Auch Eigenverantwortung, Wertschätzung und Aufstiegsmöglichkeiten binden die Mitarbeiter an die Praxis. Bei der Personalgewinnung führt an Social Media eigentlich kein Weg mehr vorbei. Instagram und TikTok sollten für einen Praxisgründer keine spanischen Dörfer sein. Mit kurzen Videos, in denen Sie sich und Ihre Praxis vorstellen, erreichen Sie definitiv mehr Adressaten als mit einer Anzeige in der Lokalzeitung. Für das Praxismarketing werden Sie auch die sozialen Medien brauchen.
BZB: Was mache ich, wenn ich mit Videos und TikTok gar nichts anfangen kann?
Schauer: Dann suchen Sie sich jemanden, der das kann. Entweder aus der Familie oder aus dem Praxisteam. Wenn Sie größer einsteigen wollen, gibt es auch Agenturen, die eine Social-Media-Strategie für Sie entwickeln. Um Ihre Ziele als Zahnarzt und Unternehmer zu erreichen, müssen Sie sichtbar sein. Auch eine Zahnarztpraxis kann zur Marke werden. Das beginnt übrigens schon beim Namen und beim Corporate Design. „Zahnärzte am See“ klingt einfach besser als „Dres. Müller und Meier“.
BZB: Haben Sie auch Tipps für den Umgang mit negativen Patientenbewertungen?
Schauer: Positive Bewertungen dagegensetzen! Ermuntern Sie alle zufriedenen Patienten, eine kurze Bewertung abzugeben. Das erhöht das Vertrauen und die Glaubwürdigkeit. Und lassen Sie sich nicht auf Diskussionen mit unzufriedenen Patienten ein. Das ist vergeudete Zeit und erhöht nur die Aufmerksamkeit für die Negativbewertung. Bei Beleidigungen oder Falschbehauptungen können Sie eine Löschung durchsetzen. Hier kann auch die Einschaltung eines Anwaltes sinnvoll sein.
BZB: Wie weiß ich, ob meine Praxis wirtschaftlich ist?
Schauer: Betriebswirtschaftliche Grundkenntnisse sollte ein Praxisinhaber haben oder sich aneignen. Das Schlüsselwort lautet hier „Key-Performance-Indicator“ (KPI). Er umfasst die wichtigsten Kennzahlen wie den Umsatz, die Kosten oder den Zeit- und Materialaufwand. Viele Praxen wissen nicht, wie viel sie eine Füllung eigentlich kostet. Erst wenn Sie das ermittelt haben, können Sie einen Preis festlegen, der auch Ihren unternehmerischen Gewinn beinhaltet. Natürlich müssen Sie den KPI regelmäßig überprüfen und analysieren. Sollte ein KPI nicht optimal sein, heißt es nachjustieren. Ich rate in solchen Fällen, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Viele Praxen bieten ein überdimensioniertes Behandlungsspektrum an oder kaufen zu viele und zu teure Geräte, die dann nicht ausgelastet sind. Gerade bei großen Investitionen sollte man unbedingt vor dem Kauf eine Kosten-Nutzen-Analyse durchführen. Wachstum ist nie schlecht, aber es muss nachhaltig sein. Als erfolgreicher Unternehmer müssen sie ein guter Langstreckenläufer sein und kein Sprinter.
BZB: Vielen Dank für das Gespräch!
WIR VERLOSEN DREI BÜCHER
Die KZVB verlost drei Exemplare des Buches „Mission: Possible“ von Dr. Ralf Schauer. Sie müssen dafür nur eine Frage richtig beantworten.
Hier geht’s zum Quiz: https://www.kzvb.de/presse/publikationen/quiz.