Christian Berger, Präsident der Bayerischen Landeszahnärztekammer

Machen Sie endlich Ihren Job, Herr Lauterbach!

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

die gescheiterte Gesetzgebung für eine allgemeine Corona-Impfpflicht bei gleichzeitiger Einführung einer einrichtungsbezogenen Impfpflicht und das mehr oder weniger unkoordinierte Auslaufen der Corona-Schutzmaßnahmen markieren nach Ansicht vieler Beobachter eine erste gesundheitspolitische Zäsur in dieser Legislaturperiode.

Kernpunkt ist die vernichtende Bilanz bei der Gesetzgebung durch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. In seiner bisherigen Amtszeit haben es lediglich zwei Gesetze bis ins Bundesgesetzblatt geschafft: Das „Gesetz zur Stärkung der Impfprävention gegen COVID-19“ – mit dem die inzwischen offen infrage gestellte einrichtungsbezogene Impfpflicht eingeführt wurde – und das „Gesetz zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes und anderer Vorschriften“. Gescheitert ist dagegen die Gesetzgebung zur Einführung einer allgemeinen Corona-Impfpflicht – Lauterbachs bisheriges Prestigeprojekt, auch wenn er hier formal nur als Abgeordneter involviert war. Ebenso gescheitert ist der Referentenentwurf für ein „Gesetz zur finanziellen Stabilisierung der gesetzlichen Krankenversicherung“, der es nicht einmal bis zur Verbändeanhörung schaffte.

Die zentralen Baustellen im Bereich der Finanzierungsreform im Gesundheitswesen – von der gesetzlichen Krankenversicherung bis zur sozialen Pflegeversicherung – sind entweder total festgefahren oder wurden de facto von der Tagesordnung genommen – wie die Honorierung durch eine GOÄ-Reform. Zusammen mit den aktuell noch „im Verfahren“ befindlichen Gesetzgebungsvorhaben, unter anderem dem Pflegebonusgesetz (ohne Bonus für MFA und ZFA!), zeigt die Bilanz vor allem zweierlei: Lauterbach hat bislang nur – und mit mäßigem Erfolg – als Corona-Minister geliefert, zugleich steht aber seine Handlungs- und Durchsetzungsfähigkeit generell infrage.

Zum Vergleich: Die gesetzgeberischen Initiativen von Jens Spahn waren seit dem ersten Corona-Lockdown im März 2020 zwar ebenfalls stark von der Pandemie geprägt. Mehr als die Hälfte seiner 20 Gesetze hatten aber keinen oder nur teilweise einen Corona-Bezug. Bei aller Kritik war Spahn zumindest quantitativ mehr als ein Corona-Minister.

Im Gesundheitswesen gibt es durchaus Dringendes zu tun. Dies muss noch nicht einmal gegenfinanziert sein und deshalb würde es auch nicht vom Wohl und Wehe des Koalitionspartners FDP abhängen. Es würde schon genügen, wenn sich der Minister und sein Haus den – von den Vorgängern billigend in Kauf genommenen – versorgungspolitischen Fehlentwicklungen widmen und endlich die seit Langem auf dem Tisch liegenden Vorschläge für mehr Transparenz und eine echte Begrenzung von investorenbetriebenen MVZ aufgreifen und umsetzen würden. Diese Vorschläge würden das System sogar entlasten, denn das Honorarvolumen bei MVZ im Eigentum von Finanzinvestoren liegt je nach Arztgruppe deutlich über dem von Einzelpraxen, wie die KV Bayerns mit Unterstützung des IGES-Instituts und die KZVB aufgezeigt haben. Wenn Karl Lauterbach bis zur Sommerpause sein „Durchsetzungsdilemma“ nicht lösen kann und endlich jenseits von Corona zu reüssieren vermag, könnte sich für ihn schon bald die Schicksalsfrage stellen.

Ihr

Christian Berger

Präsident der Bayerischen Landeszahnärztekammer