Lauterbach lässts einfach liegen

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

„anlässlich des 75-jährigen Bestehens der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) lädt Sie die Bayerische Staatsregierung herzlich zu einem Staatsempfang in die Allerheiligen-Hofkirche ein“ – als ich diese Einladung in Händen hielt, war ich etwas überrascht. Denn so wie die KZVB ist ja auch die KVB eine eigenständige Körperschaft des öffentlichen Rechts mit über 1.000 Mitarbeitern und einem hauptamtlichen Vorstand. Aber der tauchte auf der Einladung nicht namentlich auf. Natürlich ist ein Staatsempfang eine große Ehre und ein würdiger Rahmen für einen „runden Geburtstag“. Aber dadurch wird auch deutlich: Unsere Körperschaften sind Teil der Staatsverwaltung. Sie unterliegen strengen gesetzlichen Vorgaben und ihr Handlungsspielraum wird immer kleiner. Das erlebe ich als stellvertretende Vorsitzende des Vorstands der KZVB jeden Tag ganz unmittelbar. Aktuelle Beispiele: Die Pflicht-ePA kommt, auch wenn viele technische Fragen oder der Datenschutz ungeklärt sind. Die Budgetierung schwebt nach wie vor als Damoklesschwert über dem Berufsstand, auch wenn wir in Bayern bislang Budgetüberschreitungen vermeiden konnten. Und eine Petition zur Erhöhung des GOZ-Punktwertes, die Dr. Rüdiger Schott und Dr. Claus Durlak im Bundestag eingebracht haben, hat der zuständige Ausschuss mit den Stimmen der Ampelkoalition abgeschmettert.


Fast alle Gesetze, die uns in unseren Praxen belasten, sind Bundesgesetze. Beim eingangs erwähnten Staatsempfang habe ich eine bayerische Gesundheitsministerin erlebt, die viel Verständnis für unsere Probleme zeigte. Das klare Bekenntnis von Judith Gerlach zur Freiberuflichkeit und ihre Kritik an der Gesundheitspolitik der Bundesregierung taten gut (siehe Seite 20/21). Generell ist das Verhältnis zu unserer „Aufsicht“ in Bayern konstruktiv. Uns eint das Bemühen, die flächendeckende Versorgung
trotz schwieriger Rahmenbedingungen aufrechtzuerhalten. Ein Beleg dafür ist ein Entschließungsantrag zur Regulierung fremdkapitalfinanzierter MVZ, den Bayern im Bundesrat eingebracht hat. Nur Lauterbach lässt ihn halt einfach liegen! Nach drei Jahren Ampelkoalition kann man feststellen: Es ist nicht egal, wer regiert. Das Versorgungsniveau hat sich spürbar verschlechtert. Lange Wartezeiten auf einen Facharzttermin sind für gesetzlich Versicherte mittlerweile Normalität, ein Krankenhaussterben steht unmittelbar bevor.


Bei der Suche nach einem Zahnarzttermin sieht es für die Patienten noch ein bisschen besser aus, aber auch bei uns werden die Lücken größer. Landpraxen schließen mangels Nachfolger. Die Gründe kennen Sie. Sicher wurde auch früher über zu viel Bürokratie und zu niedrige Honorare geklagt. Aber vor zehn Jahren gab es nicht die Möglichkeit der Anstellung in einem Investoren-MVZ. Wie man es auch dreht und wendet: Die Probleme unseres Gesundheitswesens sind größtenteils politisch verursacht. Die logische Schlussfolgerung: Nach der Bundestagswahl 2025 brauchen wir einen radikalen Neuanfang in der Gesundheitspolitik und aus meiner Sicht auch einen anderen Bundesgesundheitsminister. Sollte der oder die Neue im Bundesgesundheitsministerium konstruktive Vorschläge brauchen, kann er sich gerne an uns wenden – oder an das bayerische Gesundheitsministerium. Denn dort herrscht eindeutig mehr Sachverstand als in Berlin.

Ihre

Dr. Marion Teichmann
Stv. Vorsitzende des Vorstands der KZVB