Keine Leistung unter Wert

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

ein Patient, bei dem zum x-ten Mal die (korrekte) Diagnose gestellt wird, der aber dennoch keine Therapie bekommt, verfällt und geht elend zugrunde. Genauso verhält es sich mit der Gebührenordnung für Zahnärzte: Befund und Diagnose sind seit Langem klar, aber passiert ist bisher nichts! Seit 35 Jahren gab es keine Anpassung des Punktwertes. Die Inflation seit dem Jahr 1988 beträgt mittlerweile 104 Prozent, aus 100 Euro Honorar wurden dadurch gerade einmal 49 Euro. Besonders dramatisch dabei: Ein Drittel der Geldentwertung ist erst in den letzten fünf Jahren entstanden – und ein Ende dieser galoppierenden Inflationsentwicklung nicht in Sicht.

Zu diagnostizieren ist also ein zunächst chronisch und jetzt akut verlaufender Punktwertverfall in der GOZ durch Nichtanhebung bei gleichzeitigem Inflationsgeschehen. Die Ampelkoalition verweigert jedoch jegliche Abhilfe in Form einer längst überfälligen Anpassung des GOZ-Punktwertes und lässt am 12. Dezember 2022 durch Prof. Dr. Edgar Franke, den Parlamentarischen Staatssekretär beim Bundesminister für Gesundheit, lapidar erklären: „Eine Anpassung des Punktwertes ist derzeit nicht vorgesehen.“ Für mich ist das wie eine Therapieverweigerung bei einem schwer kranken Patienten!

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es reicht! Wir können und werden nicht warten, bis es durch die immer weiter nachlassende Wirtschaftlichkeit zu einem Praxissterben im ländlichen Raum kommt. Bereits jetzt finden Praxisstandorte, die vor zehn Jahren noch problemlos nachbesetzt worden wären, keine Nachfolger mehr.

Die Bayerische Landeszahnärztekammer startet deshalb in diesen Tagen eine bayernweite GOZ-Kampagne, die sich sowohl an Zahnarztpraxen, Politik und Öffentlichkeit als auch an die Kostenträger richtet. In jedem Zahnärztlichen Bezirksverband ist eine Großveranstaltung vorgesehen. Die Termine und Orte finden Sie in der Anzeige auf Seite 12. Zusätzlich kann die Kampagne auf Wunsch bei Obmanns- und Vereinsversammlungen ganz oder teilweise präsentiert werden.

Im Rahmen dieser Aktion werden wir klarmachen, dass die Nichtanpassung des GOZ-Punktwertes in Verbindung mit der galoppierenden Inflation und den rapide steigenden Praxiskosten die Anwendung von § 2 GOZ (Abweichende Vereinbarung) schlichtweg unvermeidlich macht. Mittlerweile ist die Hälfte der GOZ-Leistungen zum 2,3-fachen Steigerungssatz schlechter als die entsprechenden Bema-Leistungen vergütet. Immer mehr Leistungen liegen sogar beim GOZ-Faktor 3,5 noch unterhalb des Bema-Niveaus.

Wenn die Bundesregierung nicht reagiert, müssen wir uns eben selbst helfen. Die GOZ bietet dazu vollkommen legale (!) Möglichkeiten. Bei unseren GOZ ON TOUR-Veranstaltungen werden wir zeigen, wie sie zu nutzen sind – ganz nach dem Motto unserer Kampagne „Keine Leistung unter Wert“.

Für uns gilt das Bibelwort „Arzt, hilf dir selbst“. Der Philologe und Philosoph Friedrich Nietzsche hat es folgerichtig ergänzt: „Arzt, hilf dir selbst: So hilfst du auch deinem Kranken noch!“ Genau das werden wir tun. Aus Verantwortung nicht nur für uns, unsere Familien und unser Personal, sondern ebenso aus Verantwortung gegenüber der Gesellschaft – damit es in Bayern auch künftig noch eine flächendeckende zahnmedizinische Versorgung gibt!

Mit herzlichen kollegialen Grüßen

Ihr

Dr. Dr. Frank Wohl

Präsident der Bayerischen Landeszahnärztekammer