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„Kaum jemand nutzt sie“

Opt-Out-Verfahren soll der ePA zum Durchbruch verhelfen

Die elektronische Patientenakte (ePA) gilt neben dem eRezept als Vorzeigeanwendung der Telematik-Infrastruktur (TI). Doch abgesehen von den bekannten technischen Problemen melden auch Datenschützer immer wieder Bedenken an. Dessen ungeachtet setzt Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) den Digitalisierungskurs seines Vorgängers Jens Spahn (CDU) fort. Eine gesetzliche Opt-Out-Lösung soll der ePA in den kommenden Jahren zum Durchbruch verhelfen.

„Kaum jemand nutzt sie – und sie kann fast nichts“, so urteilt das „Handelsblatt“ über die ePA. Seit 2021 müssen alle gesetzlichen Krankenkassen ihren Versicherten eine ePA anbieten. Doch auch zwei Jahre später verwenden nur 0,75 Prozent der 74 Millionen GKV-Versicherten in Deutschland die ePA. Spätestens 2025 soll sich das ändern. Die rechtlichen Voraussetzungen dafür will Lauterbach „noch diese Legislaturperiode“ schaffen.

Jeder Versicherte würde dann ganz automatisch eine elektronische Patientenakte bekommen. Dann könne „das Potenzial der elektronischen Patientenakte vollumfänglich ausgeschöpft werden“, schwärmt die gematik. Auch der Bundesgesundheitsminister ist ein ePA-Fan: „Nur wenn wir die Chancen der Digitalisierung nutzen, können wir weiterhin eine moderne Gesundheitsversorgung für alle garantieren. Die Medizin wird dadurch besser und effizienter.“

Doch auch die Opt-Out-Lösung garantiert noch nicht, dass die ePA tatsächlich genutzt wird. An vier Stellen kann der Versicherte aktiv widersprechen: Bei der Bereitstellung, beim Zugriff, bei der Befüllung und bei der pseudonymisierten Datenweitergabe zu Forschungszwecken.

Viel hängt davon ab, welche Vorteile Versicherte mit einer elektronischen Patientenakte verbinden. Und da bestehen durchaus noch Zweifel. Laut dem Technikradar 2022 der Körber-Stiftung sieht ein großer Teil der Bevölkerung die ePA grundsätzlich skeptisch. Jeder Fünfte gab an, die Akte nicht nutzen zu wollen. Grund sind Bedenken beim Datenschutz (50 Prozent) und Unklarheiten darüber, wer welche Daten einsehen kann (53 Prozent).

Auch der Deutsche Bundestag muss der Opt-Out-Lösung zustimmen. In der Ampel-Koalition ist bekanntlich auch die FDP vertreten. Und deren gesundheitspolitische Sprecherin Christine Aschenberg-Dugnus erklärte 2018, als die FDP noch Oppositionspartei war: „Es ist wichtig, dass die Patienten selbst entscheiden, ob und welche ihrer Daten gespeichert werden dürfen.“

Inwieweit diese Auffassung mit Lauterbachs Opt-Out-Lösung vereinbar ist, wird sich im parlamentarischen Verfahren zeigen. Aber vielleicht bestimmt ja hier einmal mehr der Standort den Standpunkt.

Leo Hofmeier