Grundrecht auf Gesundheit

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

der Protesttag der Heilberufe am 8. September in Berlin war ein beeindruckendes Erlebnis. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Praxisinhaber aus den unterschiedlichsten Medizinbereichen versammelten sich am Brandenburger Tor, um ihrem Ärger über die Sparpolitik der Ampel-Koalition Ausdruck zu verleihen.

Leider war das mediale Echo gering. Offensichtlich ist bei den Journalisten und in der Bevölkerung noch nicht angekommen, wie ernst der Zustand unseres Gesundheitswesens ist. Dabei haben wir Älteren weniger für uns demonstriert als für unsere Nachfolger.

Kürzlich war das Staatsexamen 2023 bei uns im Zahnärztehaus zu Gast. Es fiel mir schwer, den jungen Kolleginnen und Kollegen die Niederlassung angesichts der jetzigen Gegebenheiten schmackhaft zu machen. Fast zwei Drittel der Zahnärzte unter 40 sind mittlerweile als Angestellte tätig. Das ist die Folge einer Politik, die unser Gesundheitssystem über Jahrzehnte kaputtgespart hat.

Auch wenn es kein Politiker zugeben will: Die Rationierung ist bereits Realität. Wie lange wartet man als gesetzlich Versicherter auf einen Facharzttermin? Wie viele Kliniken müssen Patienten abweisen? Wie viele Medikamente sind in Apotheken derzeit nicht erhältlich? Und das ist erst der Anfang! Für mich ist das ein Skandal, denn Gesundheit ist ein Grundrecht. „Jeder Mensch hat das Recht auf das höchste erreichbare Maß an körperlicher und geistiger Gesundheit“, heißt es in einem Sozialpakt, den die UN-Vollversammlung 1966 verabschiedet hat. 164 Staaten, darunter auch die Bundesrepublik Deutschland, verpflichteten sich, „zur Schaffung der Voraussetzungen, die für jedermann im Krankheitsfall den Genuss medizinischer Einrichtungen und ärztlicher Betreuung sicherstellen“. Dieses Grundrecht sehe ich durch die aktuelle Gesundheitspolitik gefährdet.

Ihr

Dr. Jens Kober

Mitglied des Vorstands der KZVB