Punktwerterhöhungen liegen 2025 über der Inflationsrate
Die vergangenen Jahre waren für Zahnarztpraxen in Bayern wirtschaftlich nicht einfach: Inflation, steigende Betriebskosten, Fachkräftemangel und allgemeine Unsicherheiten auf dem Gesundheitsmarkt prägten die Situation in vielen Praxen. Doch die aktuellen Vertragsabschlüsse sowie die Prognosen für die Zukunft geben Anlass zu vorsichtigem Optimismus.
Zu den zentralen Aufgaben der KZVB gehören die Verhandlungen über die Punktwert- und Budgeterhöhungen mit den Krankenkassen. Diese Verhandlungen unterliegen jedoch strikten gesetzlichen Vorgaben. Der Spielraum nach oben ist durch die sogenannte Grundlohnsummensteigerung klar begrenzt. Über die Mechanik der Punktwertsteigerungen, wieso diese zwangsläufig der Inflation hinterherhinken und wie die Prognose für die Zukunft aussieht, gibt dieser Artikel Auskunft.
Primat der Beitragssatzstabilität
Im System der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) gilt das Prinzip der Beitragssatzstabilität. Es zielt darauf ab, den Beitragssatz möglichst stabil zu halten und somit Versicherte und Arbeitgeber vor steigenden finanziellen Belastungen zu schützen. Folglich sollen die Ausgaben der Krankenkassen im Bereich der Zahnmedizin nur im Rahmen der Einnahmensteigerung wachsen.
Die Ausgabenentwicklung ist hierbei maßgeblich geprägt von der Punktwertsteigerung – daher schreibt der Gesetzgeber vor, dass die Punktwerte maximal um die Entwicklung der Einnahmen der Krankenkassen erhöht werden dürfen.
Die Einnahmenentwicklung bildet sich in der sogenannten Grundlohnsummensteigerung ab. Hierbei misst die Grundlohnsumme die beitragspflichtigen Einnahmen je Krankenkassenmitglied im Zeitraum vom 1.7. eines Jahres bis zum 30.6. des Folgejahres. Diese betrug beispielsweise für den Zeitraum 1.7.2023 bis 30.6.2024 genau 30.148,16 Euro. Mit anderen Worten: Jedes Mitglied der gesetzlichen Krankenkasse hatte in diesem Zeitraum durchschnittlich versicherungspflichtige Einnahmen von 30.148,16 Euro. Ein Jahr zuvor, also für den Zeitraum 1.7.2022 bis 30.6.2023, betrug die Grundlohnsumme 28.876,06 Euro. Die Grundlohnsummensteigerung misst nun die Entwicklung der Grundlohnsumme zwischen zwei Jahren. Konkret liegt diese im Jahr 2025 bei 4,41 Prozent (die Steigerung zwischen den 30.148,16 Euro und den 28.876,06 Euro). Entsprechend dürfen auch die Punktwerte im Jahr 2025 maximal um 4,41 Prozent angehoben werden.
Darüber, dass es die KZVB geschafft hat, in den vergangenen drei Jahren diese Maximalgröße in den Punktwertverhandlungen durchzusetzen, wurde bereits im BZBplus 5/2025 ausführlich berichtet.
Inflation und Grundlohnsumme
Die Europäische Zentralbank (EZB) verfolgt das Ziel, die Inflation im Euroraum mittelfristig bei etwa zwei Prozent zu stabilisieren. Inflation misst man über die Veränderung eines Warenkorbes aus Gütern und Dienstleistungen, die Privathaushalte konsumieren. Kommt es zu einem Inflationsschock – also einem raschen und starken Preisanstieg – kann dieser entweder die Warenpreise oder die Dienstleistungspreise oder beides betreffen. Ein Anstieg der Dienstleistungspreise wäre dabei günstiger für die Punktwertentwicklung. Denn eine Steigerung der Preise von Dienstleistungen ist unmittelbar verbunden mit einer Steigerung der Einnahmen der Erbringer dieser Dienstleistungen, die unmittelbar zu einer entsprechend erhöhten Grundlohnsumme führen.
Tatsächlich war allerdings die hohe Inflation in Deutschland seit der zweiten Jahreshälfte 2021 vornehmlich durch stark steigende Waren- und Energiepreise verursacht. Aufgrund lang laufender Tarifverträge führt dies erst mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung zu einer Anpassung der Löhne. Diese geht dann im Folgejahr oder gar Folgefolgejahr erst in die Berechnung der Grundlohnsummensteigerung ein (siehe oben – die Grundlohnsummensteigerung 2025 misst die Löhne im Zeitraum vom 1.7.2023 bis zum 30.6.2024). Dies führt zu einer doppelten Verzögerung der Anpassung der Punktwerte an eine warenpreisinduzierte Inflation.
Aktuelle Entwicklungund Prognose
Die Grafik verdeutlicht, wie die Grundlohnsummenentwicklung der Inflation seit dem Jahr 2021 nachläuft.
Die hellblaue Linie zeigt die vierteljährliche Inflation in Deutschland (Quelle: Destatis) sowie die aktuelle Prognose für die Jahre 2025 und 2026 (Quelle: ifo Institut). Sowohl gemäß den letzten tatsächlichen Inflationsraten wie auch gemäß den aktuellen Prognosen dürfte der Inflationsschock der Jahre 2021 bis 2023 weitgehend überwunden sein und sich die Inflation auf das EZB-Ziel von zwei Prozent einpendeln.
Die dunkelblaue Linie zeigt die entsprechende Entwicklung der Grundlohnsumme. Hierbei wurde die Linie um zwei Quartale nach rechts verschoben, um einen besseren Überblick zu ermöglichen. So stellt die Grundlohnsumme am 1.1.2025 in der Grafik die für das Jahr 2025 geltenden 4,41 Prozent dar.
Klar in der Grafik zu erkennen ist, dass im Zeitraum 2021 bis 2023 die Grundlohnsummensteigerung deutlich unter der Inflationsrate lag. Im Jahr 2024 hätte sich dieser Trend jedoch bereits deutlich umgekehrt – hätte der Gesetzgeber im Jahr 2022 nicht mit dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz eine Kostendämpfung für die Jahre 2023 und 2024 eingeführt. So durften im Jahr 2023 die Punktwerte maximal um die um 0,75 Prozentpunkte gesenkte Grundlohnsummensteigerung erhöht werden, im Jahr 2024 maximal um die um 1,50 Prozentpunkte gesenkte Grundlohnsummensteigerung.
Im Jahr 2025 konnte die KZVB bei der AOK, den Betriebskrankenkassen und den Ersatzkassen die volle Grundlohnsummensteigerung von 4,41 Prozent bei den Punktwerten durchsetzen. Damit dürfte dieses Jahr das erste seit Langem werden, in dem die Punktwertsteigerung deutlich über der Inflation liegt. Für die Grundlohnsummensteigerung 2026 liegen bereits Daten für die ersten zwei von vier Quartalen vor. Diese gehen in Richtung fünf Prozent – weit über der erwarteten Inflation von zwei Prozent. Somit besteht eine reelle Chance, die Inflationsentwicklung ab dem Jahr 2021 zumindest in der mittleren Zukunft auch bei den Punktwerten wieder aufzuholen – sofern der neue Gesetzgeber kein weiteres „Kostendämpfungsgesetz“ aus dem Hut zaubert.
Dr. Maximilian Wimmer
Leiter der KZVB-Geschäftsbereiche
Abrechnung und Honorarverteilung
Finanzen und Betriebswirtschaft