Ethik muss man sich leisten können

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

noch sind die deutschen Patienten zahnmedizinisch gut versorgt – auch und gerade im internationalen Vergleich. Trotz schwieriger politischer Rahmenbedingungen erfüllen wir unseren Sicherstellungsauftrag in vollem Umfang.

Doch die Versorgungslandschaft dünnt sich zusehends aus. Immer weniger junge Kolleginnen und Kollegen sind bereit, das Risiko einer Praxisgründung oder -übernahme auf sich zu nehmen. Ein GOZ-Punktwert aus dem Jahr 1988 und die Budgetierung in der gesetzlichen Krankenversicherung verschärfen den Nachwuchsmangel. Früher oder später werden das auch die Patienten zu spüren bekommen. Die Wartezeiten für einen Zahnarzttermin werden länger, die Wege zur nächsten Praxis weiter.

Davon werden vor allem die älteren und immobilen Patienten im ländlichen Raum betroffen sein – auch die in Pflegeheimen. Denn die sogenannte aufsuchende Betreuung ist ein Dienst an der Allgemeinheit, den viele Kollegen neben der Arbeit in der Praxis erbringen. Reich wird man davon nicht, wie auch Ernst Binner in diesem Heft berichtet.

Wenn aber die Einkommen der Zahnärzte trotz hoher Inflation stagnieren und teilweise sogar sinken, sinkt bei vielen auch die Bereitschaft zu ehrenamtlichem Engagement. Das gilt auch für den Umgang mit sozial schwachen Patienten, die sich keine Zuzahlungen leisten können. Die meisten von uns haben für die Rentnerin oder die alleinerziehende Mutter immer noch irgendwie eine sozialverträgliche Lösung gefunden – auch wenn das für die Praxis nicht kostendeckend war. Doch angesichts der Berliner Spargesetze können wir uns das nicht mehr leisten.

Das Klima im Land wird also rauer – auch in der Zahnmedizin. Ausgerechnet ein sozialdemokratischer Minister verschärft die soziale Ungleichheit. Das ist die traurige Wahrheit nach fast zwei Jahren Ampel-Koalition!

Ihr

Dr. Rüdiger Schott, Vorsitzender KZVB

Dr. Dr. Frank Wohl, Präsident BLZK