Ein Schiedsspruch, der Folgen hat

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

das Landesschiedsamt hat gesprochen: Seit dem 4. Dezember ist klar, dass es bei der AOK Bayern zu massiven Budgetüberschreitungen kommen wird. Die bayerischen Vertragszahnärzte müssen mit Rückbelastungen im zweistelligen Millionenbereich rechnen, die voraussichtlich Ende des zweiten Quartals 2024 erfolgen werden.

Wir möchten Ihnen an dieser Stelle versichern, dass der KZVB-Vorstand mit allen Mitteln für eine ausreichende Gesamtvergütung gekämpft hat.

Wir wissen, dass es Praxen gibt, die mehr als 80 Prozent AOK-Versicherte behandeln.

Wir wissen, dass der Personalmangel die Behandlungskapazitäten erheblich einschränkt.Wir wissen, dass in vielen Praxen ein Annahmestopp für Neupatienten gilt.

Wir wissen, dass Dutzende von Alterspraxen erfolglos nach einem Nachfolger suchen.

Wir wissen, dass sich der Nachwuchs kaum noch für die Niederlassung entscheidet.

Wir wissen, dass Versorgungsengpässe drohen.

Die AOK Bayern weiß das auch. Aber es interessiert sie nicht. Der Marktanteil der AOK Bayern liegt bei rund 40 Prozent. Diese Krankenkasse hätte also eine besondere Verantwortung für den Erhalt der flächendeckenden Versorgung. Durch ihre Verweigerungshaltung schadet die AOK Bayern zuallererst den Patientinnen und Patienten in Bayern. Die nun unvermeidlichen Budgetüberschreitungen wirken wie ein Brandbeschleuniger für die Transformationsprozesse in unserem Berufsstand.

Die Praxislandschaft wird sich in den kommenden fünf Jahren massiv verändern. 25 Prozent der niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen erreichen bis 2028 das Ruhestandsalter. Viele werden keinen Nachfolger finden. Das werden vor allem die Menschen im ländlichen Raum spüren, wo die Einzelpraxis noch immer das Rückgrat der Versorgung bildet.

Lange Wartezeiten und weite Wege für einen Zahnarzttermin werden zur Normalität. Der Konzentrationsprozess in der Zahnmedizin wird sich weiter fortsetzen, fremdkapitalfinanzierte Medizinische Versorgungszentren in den städtischen Ballungsräumen werden ihre Marktanteile weiter ausbauen.

Das Auftreten der AOK Bayern bei den Vergütungsverhandlungen und vor dem Landesschiedsamt war befremdlich. Man spürte förmlich die geringe Wertschätzung für die Leistungen, die wir jeden Tag erbringen. Die Verhandlungsführer verschanzten sich hinter Paragrafen und der Gesamtvergütungsobergrenze. Der Mensch interessierte sie nicht. Denn wer wird von einer Ausdünnung der Versorgungslandschaft am stärksten betroffen sein? Pflegebedürftige und immobile Patienten, die nicht ohne Weiteres in die nächste Kreisstadt zur Behandlung fahren können! Auch die präventionsorientierte Zahnmedizin wird darunter leiden. Ausgerechnet die selbst ernannte Gesundheitskasse gefährdet also die Gesundheit ihrer Versicherten. Die AOK Bayern mag sich juristisch durchgesetzt haben, moralisch ist sie der große Verlierer.

Wir Zahnärzte müssen unsere eigenen Konsequenzen aus dem Verhalten der AOK Bayern ziehen. Begrenzte Mittel führen zu begrenzten Leistungen. Mehr GOZ, weniger Bema – das ist aus unserer Sicht unvermeidbar, wenn wir wirtschaftlich überleben wollen.

Trotz dieser schlechten Nachrichten wünschen wir Ihnen und Ihren Angehörigen erholsame Feiertage und einen guten Start ins Jahr 2024.

Ihre

Dr. Rüdiger Schott
Vorsitzender des Vorstands der KZVB

Dr. Marion Teichmann
Stv. Vorsitzende des Vorstands der KZVB

Dr. Jens Kober
Mitglied des Vorstands der KZVB