Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Dr. Corinna Bruckmann, Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Parodontologie, hat ihren Artikel im aktuellen „Prophylaxe Journal“ mit dem Satz überschrieben: „Ich beneide euch um die neue PAR-Richtlinie!“ Gemeinsam mit ihr und Prof. Dr. Bettina Dannewitz, Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Parodontologie, haben wir das wissenschaftliche Programm des Bayerischen Zahnärztetages 2021 gestaltet.
Auch in ihrem Grußwort zum Zahnärztetag lobte Dr. Bruckmann die neue PAR-Richtlinie in der vertragszahnärztlichen Versorgung, mit der alle wesentlichen Aspekte und Bereiche der parodontalen Therapie auf aktuellem wissenschaftlichen Stand abgedeckt seien. Die gesetzliche Krankenversicherung habe die Rolle der Mundgesundheit als einen entscheidenden Faktor für Lebensqualität und wesentlichen Bestandteil für Allgemeingesundheit erkannt und die Mittel für eine weitreichende Änderung des Bema zur systematischen Behandlung parodontaler Erkrankungen zur Verfügung gestellt. Besonders erfreulich sei, dass dabei nicht chirurgische oder medikamentöse Therapien im Vordergrund stünden, sondern bei allen Behandlungsschritten dem zahnärztlichen Team große Bedeutung zukomme. Insgesamt stelle die neue PAR-Richtlinie eine europaweit fast einzigartige, vorausschauende und soziale Adaptation von wissenschaftlichen Leitlinien dar.
So weit, so erfreulich! Denn vor den von Kollegin Bruckmann beklagten Verhältnissen in Österreich, wo die Kassen nur im Einzelfall und dann nicht nachvollziehbare Therapiezuschüsse zahlen würden, haben wir vonseiten der BLZK von Anfang an gewarnt – allerdings im Zusammenhang mit deutschen Privatversicherern. Das Fehlen einer den aktuellen wissenschaftlichen Leitlinien entsprechenden Beschreibung der PAR-Behandlungsstrecke in der GOZ wäre noch zu verschmerzen, wenn die Privatversicherer die analoge Abrechnung neuer Behandlungsstrecken einfach akzeptieren würden. Für uns Zahnärzte gibt es nur eine Qualität von erbrachten Leistungen, egal, ob für GKV- oder für PKV-Versicherte. Wir stellen uns gegen jede Form einer Zwei-Klassen-Zahnheilkunde – nicht nur in Bezug auf Kassen-, sondern auch auf Privatpatienten. Denn wenn die Zahnärzte bei vielen Leistungen den 3,5-fachen Steigerungssatz der GOZ 2012 verlangen oder überschreiten müssen, um für vergleichbare Leistungen eine Vergütung zu erhalten, wie sie gesetzliche Krankenkassen über den Bema bezahlen, dann sind bei diesen Leistungen PKV-Versicherte „Patienten zweiter Klasse“.
Höchst bedenklich finde ich, dass nunmehr auch bei der Parodontitis-Therapie fast alle Leistungen der GOZ 2012 selbst bei erhöhtem Steigerungsfaktor schlechter bewertet sind als vergleichbare Bema-Leistungen. Außer den PZR-Leistungen müssten mit drei Ausnahmen alle betreffenden GOZ-Positionen höher als 3,5-fach abgerechnet werden, um den aktuellen Bema-Gebühren zu entsprechen.
Für uns als BLZK heißt das, dass wir die bayerischen Zahnärztinnen und Zahnärzte mit dem notwendigen Rüstzeug ausstatten und sie dabei unterstützen müssen, die erbrachten privatzahnärztlichen PAR-Leistungen wirtschaftlich angemessen, also analog oder nach § 2 Abs. 1 GOZ, abrechnen zu können. Dies mag in der Umsetzung mühsam erscheinen, aber die inzwischen gesicherte wissenschaftliche Grundlage für die Therapie einer der häufigsten chronischen Erkrankungen der Menschheit sollte es uns wert sein.
Ihr
Christian Berger
Präsident der Bayerischen Landeszahnärztekammer