Foto: © tadamichi – stock.adobe.com

„Die eigene Praxis ist ein lohnendes Ziel“

Patientenbeauftragter wirbt für Freiberuflichkeit und Landarztquote

Prof. (Univ. Lima) Dr. Peter Bauer ist der Patienten- und Pflegebeauftragte der Bayerischen
Staatsregierung. © StMGP

Prof. (Univ. Lima) Dr. Peter Bauer gehört seit 2008 dem Bayerischen Landtag an. 2018 wurde er von Ministerpräsident Markus Söder zum Patienten- und Pflegebeauftragten der Bayerischen Staatsregierung ernannt. Der 74-Jährige verzichtet bei der Landtagswahl im Herbst auf eine erneute Kandidatur. Wir sprachen mit ihm über seine politische Bilanz.

BZB: Sie treten bei der nächsten Landtagswahl nicht mehr an. Welche Bilanz Ihrer Arbeit als Abgeordneter und Patientenbeauftragter ziehen Sie?

Bauer: Persönlich ziehe ich eine sehr erfolgreiche Bilanz. Neutrale Außenstehende mögen es selbst bewerten. Vor allem der Koalitionsvertrag 2018 brachte wegweisende Fortschritte. Als Patienten- und Pflegebeauftragter konnte ich mich immer wieder bei bestehenden Problemen helfend und unterstützend einbringen. Gerade während der Corona-Pandemie war ich Ansprechpartner, Kümmerer, Vermittler und konnte so den Menschen Mut machen und Zuversicht geben.

BZB: Worauf sind Sie besonders stolz?

Bauer: Es ist gelungen, über 2 000 neue Medizinstudienplätze zu schaffen, die Landarztquote sowie das Stipendienprogramm für Mediziner, die nach dem Studium aufs Land gehen, einzuführen. Darüber hinaus können 5,8 Prozent der Medizinstudierenden außerhalb des NC studieren, das sind pro Semester rund 110 Studierende. Im Pflegebereich schafft Bayern pro Jahr 1 000 neue Kurzzeitpflegeplätze, die Unterstützung pflegender Angehöriger wurde deutlich verbessert. Bei Projekt „PflegesoNah“ nimmt Bayern aktuell rund 160 Millionen Euro jährlich in die Hand, um insbesondere den sozialen Nahraum aufzuwerten, damit Pflegebedürftige möglichst lange zu Hause, in ihrem vertrauten Umfeld gut leben können. Auf diese Erfolge bin ich besonders stolz.

BZB: Wo hätten Sie sich mehr gewünscht?

Bauer: Dass die vereinbarte „Pflegeplatzgarantie“ nicht umgesetzt werden konnte, schmerzt mich sehr. Aber jeder weiß, dass sich seit Corona, dem Ukrainekrieg und der Inflation die Grundlagen drastisch verändert haben. Leider zum Schlechten. Ich hätte mir auch gewünscht, dass der Einfluss Bayerns auf die Bundespolitik deutlich stärker wird. Dann wären die unsäglichen Budgets nicht wiedereingeführt worden, ebenso nicht das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz. Die Zahnärzte müssen sich politisch deutlich mehr engagieren, sie müssen lauter werden – und das dauerhaft! Nur so haben der freie Beruf, die Selbstständigkeit und die Therapiefreiheit eine Zukunft.

BZB: Die ambulante Versorgung steht vor tiefgreifenden Veränderungen. Hat die Einzelpraxis eine Zukunft?

Bauer: Es stimmt, dass die ambulante Versorgung vor großen Veränderungen steht. Aber auch die stationäre. Dennoch bin ich überzeugt, dass die Einzelpraxis nach wie vor Zukunft hat. Und ich möchte junge Zahnärztinnen und Zahnärzte ermuntern, diesen Berufsweg zu wählen. Eine eigene Praxis zu betreiben, ist ein lohnendes Ziel. Da ich selbst jahrelang in eigener Zahnarztpraxis selbstständig tätig war, unterstütze ich diese Versorgungsform. Die Praxis ist und bleibt medizinisch hochwertiger Anlaufpunkt vor Ort! Wir müssen unsere Praxen daher stärken, aber auch umdenken, was neue Modelle der Versorgung betrifft.

Als Zahnarzt hält Prof. Bauer engen Kontakt zu den Körperschaften der Selbstverwaltung. Beim Parteitag der Freien Wähler in Augsburg besuchte er mit Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (2. v. l.) den KZVB-Stand. Mit den Vorstandsmitgliedern Dr. Jens Kober und Dr. Marion Teichmann diskutierte er über die Zukunft der zahnmedizinischen Versorgung.

BZB: Aktuell wird intensiv über strengere Regeln für MVZ diskutiert. Wie würden Sie den Vormarsch internationaler Investoren stoppen?

Bauer: In der Tat müssen wir verhindern, dass internationale Investoren unser Gesundheits- und auch Pflegesystem unterwandern. Das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege und die Kassenärztliche sowie Kassenzahnärztliche Vereinigung Bayerns haben hier bereits wichtige Schritte unternommen. Auch die Gesundheitsministerkonferenz hat sich 2022 bereits gegen iMVZ ausgesprochen. Ich selbst möchte an die Zahnärzteschaft und Ärzteschaft appellieren, solche Arbeitgeber zu meiden. Soweit ich weiß, ist es für viele Medizinerinnen und Mediziner attraktiv, sich in iMVZ anstellen zu lassen. Neben dem fehlenden Risiko zur Selbstständigkeit scheinen vor allem Teilzeitregelungen und keine Dienste zu „ungünstigen Zeiten“ ein Anreiz zu sein. Wenn aber Einfluss auf medizinische Entscheidungen genommen wird, sollten bei jeder verantwortungsvollen Zahnärztin und jedem verantwortungsvollen Zahnarzt die Alarmglocken läuten. Umgekehrt ist es für mich aber auch ein Zeichen dafür, wo wir ansetzen müssen, um die Arbeitsbedingungen für junge Medizinerinnen und Mediziner sowohl im ambulanten als auch stationären Sektor besser zu gestalten und zu unterstützen.

BZB: Wie können wir die Versorgung im ländlichen Raum erhalten?

Bauer: Als Patienten- und Pflegebeauftragter setze ich mich seit Jahren für eine hochwertige, flächendeckende und möglichst wohnortnahe medizinische Versorgung in Bayern ein. Wie schon gesagt, brauchen wir also unsere Praxen. Ich möchte es deutlich sagen: Dringender denn je! Junge Leute müssen gerne diesen Berufsweg einschlagen und gerne auch im ländlichen Raum arbeiten wollen. Das muss unser politisches Ziel sein. Und hierfür setze ich mich immer wieder ein.

Vergleicht man die Zahnmedizinstudierenden mit den Medizinstudierenden, wo es bereits die Landarztquote oder Stipendienplätze gibt, so ist das aus meiner Sicht auch eine Option für angehende Zahnmedizinerinnen und Zahnmediziner. Weitere Informationen finden Sie auf der Website landarztquote.bayern.de und auf der Website des bayerischen Gesundheitsministeriums.

BZB: Das Damoklesschwert Budgetierung ist zurück. Wie sollten die Zahnärzte darauf reagieren?

Bauer: Die Zahnärztinnen und Zahnärzte haben bereits reagiert! So wurde meines Wissens nach bei der 12. Vertreterversammlung der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) im Juli 2022 deutliche und massive Kritik am geplanten GKV-Finanzstabilisierungsgesetz geäußert. Zudem wurde eine Resolution verfasst, die den Gesetzentwurf vom Juni 2022 ablehnt. Diese Resolution wurde einstimmig angenommen. Das waren richtige und wichtige Entscheidungen.

Aus meinem eigenen beruflichen Werdegang kann ich jeder einzelnen Zahnärztin und jedem einzelnen Zahnarzt nur empfehlen, sich selbst berufspolitisch zu engagieren. Nur gemeinsam und über die berufsständigen Vertretungen kann sich die Berufsgruppe der Zahnärztinnen und Zahnärzte politisches Gehör verschaffen und erfolgreich für die eigenen Interessen kämpfen. Meine Unterstützung hat sie in jedem Fall!

BZB: Welche Möglichkeiten gibt es, mit der Budgetierung geschickt umzugehen?

Bauer: An erster Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass die Behandlung von Patientinnen und Patienten trotz der noch nicht abgeschlossenen Debatte zur Budgetierung nicht gefährdet sein darf. Zu lesen, dass vereinzelt Behandlungen abgelehnt werden, ist aus meiner Sicht unethisch und trifft die Falschen. Geschickter Umgang bedeutet aus meiner Sicht: Politisches Engagement. Dies möchte ich ausdrücklich betonen.

Insofern rate ich nochmals zum berufspolitischen Zusammenschluss der Zahnärzteschaft und zum gemeinsamen, abgestimmten Handeln. Unser Berufsstand muss politischer werden, sich in die demokratischen Parteien einbringen. Er muss zudem lauter werden und das permanent: Die Grund- und Mittelschullehrer mit ihrem Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) sind für mich dafür beispielhaft.

BZB: Vielen Dank für das Gespräch!

Die Fragen stellte Leo Hofmeier.


BAYERISCHES LANDARZTMODELL

Um medizinischen Engpässen in eher ländlicheren Regionen gegenzusteuern, wurde in Bayern 2020 die sogenannte Landarztquote eingeführt. 5,8 Prozent aller bayerischen Medizinstudienplätze werden hier nicht nach Numerus clausus, sondern in einem gesonderten Zulassungsverfahren vergeben. Grundlage hierfür ist das Bayerische Land- und Amtsarztgesetz (BayLArztG). Dieses Verfahren gilt bislang
ausschließlich für angehende Allgemeinärzte und Fachärzte für Innere Medizin.

Die Studierenden verpflichten sich vertraglich, sich nach erfolgreichem Studienabschluss und ärztlicher Weiterbildung für mindestens zehn Jahre als Hausarzt im ländlichen Raum niederzulassen – in einer Region, die als medizinisch unterversorgt gilt. Diese ist frei wählbar, es muss sich jedoch um ein ausgewiesenes Bedarfsgebiet handeln. Bei Studienabbruch oder vorzeitiger Beendigung der dortigen Praxistätigkeit ist eine Vertragsstrafe von 250.000 Euro fällig. Prof. (Univ. Lima) Dr. Peter Bauer kann sich vorstellen, das Landarztmodell auch in der Zahnmedizin einzuführen.

Nähere Informationen zum Modell, dem Bewerbungsverfahren und den Fristen findet man auf www.landarztquote.bayern.de, www.stmgp.bayern.de/service/foerderprogramme/stipendienprogramm-fuer-medizinstudierende/.