Auf die neue bayerische Gesundheitsministerin Judith Gerlach kommt viel Arbeit zu. Sie muss Karl Lauterbach klarmachen, dass seine Sparpolitik die flächendeckende Versorgung zerstört.
Foto: Anne Hufnagl, StMD

Der Schwerpunkt liegt auf den Krankenhäusern

Was die Bayernkoalition in der Gesundheitspolitik plant

Gesundheitspolitik ist Bundespolitik – das weiß niemand besser als die Betroffenen. Die bayerischen Vertragszahnärzte erleben in ihren Praxen jeden Tag die Auswirkungen der zahlreichen Gesetze und Verordnungen aus Berlin. Dennoch widmet auch die Bayernkoalition aus CSU und Freien Wählern dem Thema „Gesundheit und Pflege“ fünf der 86 Seiten ihres Koalitionsvertrags. Was steht drin?

Koalitionsverträge sind in weiten Teilen Symbolpolitik. So rechnete zu Beginn der letzten Legislaturperiode des Bayerischen Landtags niemand damit, dass Covid-19 zwei Jahre lang die Gesellschaft und das Gesundheitssystem einem Stresstest unterziehen würde. Auch den Krieg in der Ukraine mit Millionen neuer Flüchtlinge und die Explosion der Energiepreise konnte niemand vorhersehen. Das politische Tagesgeschäft kann einen Koalitionsvertrag also schnell zu Makulatur werden lassen. Dennoch lohnt sich der Blick auf das Kapitel zur medizinischen Versorgung. Die Begriffe „Zahnmedizin“ oder „Zahnarzt“ kommen im Vertrag nämlich gar nicht vor. Auch „Arztpraxis“, „Freiberufler“ oder „Niedergelassene“ findet man im gesundheitspolitischen Teil nicht. Der Schwerpunkt liegt eindeutig auf dem stationären Sektor – vor allem auf dem Erhalt der „wohnortnahen bayerischen Krankenhausinfrastruktur“. Das ist nachvollziehbar, weil die Bundesländer zumindest den Bau und die Modernisierung von Kliniken ohne den Bund finanziell fördern können. Eine Milliarde Euro pro Jahr will Bayern künftig dafür ausgeben. Es stellt sich jedoch die Frage, wie sinnvoll solche Investitionen sind, wenn Karl Lauterbach gerade kleineren Häusern mit seiner Klinikreform die wirtschaftliche Existenzgrundlage entzieht. „Wir laufen Gefahr, dass viele Kliniken in die Insolvenz schlittern, weil sie die laufenden Betriebskosten nicht mehr decken können“, warnte der damalige bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek bereits im September 2023. Laut einer Umfrage des Deutschen Krankenhausinstituts beurteilen mittlerweile 67 Prozent der Krankenhäuser in Deutschland ihre wirtschaftliche Lage als „schlecht oder sehr schlecht“.

Budgetierung abschaffen

Die Stimmung in den Zahnarztpraxen ist vermutlich nicht besser. Aber auf den Bema oder die GOZ kann die Bayerische Staatsregierung unmittelbar keinen Einfluss nehmen. Immerhin fordern CSU und Freie Wähler in ihrem Koalitionsvertrag die Abschaffung der Budgetierung – ein kleiner Erfolg für die intensive Überzeugungsarbeit der bayerischen Zahnärzte. Auch die Forderung nach einer „leistungsgerechten Bezahlung ärztlicher Leistungen“ hat es in das Dokument geschafft. Aber „leistungsgerecht“ ist ein dehnbarer Begriff!

Viel Arbeit für Gerlach

Auf die neue bayerische Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) kommt also viel Arbeit zu. Sie muss ihrem Berliner Amtskollegen Lauterbach klarmachen, dass seine radikale Sparpolitik die flächendeckende medizinische und zahnmedizinische Versorgung akut gefährdet. Und Bayern wäre als Flächenstaat besonders betroffen von einer Ausdünnung der Praxislandschaft. Die KZVB hat die neue bayerische Gesundheitsministerin für die größte Herausforderung in der aktuellen Legislaturperiode sensibilisiert. „Ein Viertel der bayerischen Zahnärzte wird in den kommenden fünf Jahren das Ruhestandsalter erreichen. Wir müssen jetzt die Weichen dafür stellen, dass sich wieder mehr junge Kolleginnen und Kollegen für die Gründung oder Übernahme einer Praxis entscheiden. Dabei zählen wir auf Ihre Unterstützung“, schreibt der KZVB-Vorstand in einem Brief anlässlich der Ernennung Gerlachs.

Leo Hofmeier