Messe zeigt sich zum Jubiläum als Füllhorn an Innovationen
Die 40. Internationale Dental-Schau (IDS) feierte 100 Jahre IDS mit einem Festakt am Vorabend und dem obligatorischen Ribbon-Cutting mit Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker. Es herrschte insgesamt gute Stimmung in Köln. Die Veranstalter zeigten sich nach fünf Messetagen zufrieden mit Aussteller- und Besucherzahl. Der digitale Workflow und die Nachhaltigkeit zeigten sich als Trends der IDS 2023.
An dieser Stelle werden einige der Innovationen vorgestellt. Aufgrund der Fülle der Neuheiten im zahnmedizinischen Bereich kann der Beitrag jedoch nur eine eingeschränkte Übersicht liefern.
Neues in der Füllungstherapie
Wie im Praxisalltag nimmt auch bei der Vielfalt des Messeangebotes die Füllungstherapie großen Raum ein. Aktuelle Entwicklungen rund um Glasionomerzemente, Kompomere, Komposite, speziell BulkfillKomposite und Komposithybride drehen sich um die Frage, wie viele unterschiedliche Farbtöne braucht die Praxis beziehungsweise bietet sie an? Die Auswahl ist groß und dürfte insbesondere durch die unterschiedlichen Pigmentierungen bei den Kompositmassen und den sogenannten Chamäleon-Effekt interessant sein. Das Einfärben durch Pigmente lässt sich künftig alternativ durch die intrinsische Struktur des Materials erreichen. Auf der IDS 2023 wurde zudem die Lösung für ein weiteres praktisches Problem präsentiert: Neu designte Spritzen verhindern durch eine Entlüftungsfunktion im Kolben die Bläschenbildung im fließfähigen Komposit.
Endodontie: minimalinvasiv und regenerativ
Endodontische Feilen werden seit Jahren flexibler und bruchresistenter, was dazu führt, dass sich Konzepte und Verfahren ändern. Im koronalen Bereich wird weniger wegpräpariert und trotzdem im apikalen Bereich hinreichend Raum für eine effektive Spülung geschaffen. Instrumente mit reziproker Bewegungscharakteristik eröffnen die Möglichkeit, manchen Wurzelkanal mit einer einzigen Aufbereitungsfeile zu instrumentieren. Ein neuer Endomotor hebt die reziproken Systeme auf die nächste Stufe. Die Behandlung vereinfacht sich, indem Durchgängigkeit, Gleitpfad und Formgebung in einem einzigen Modus kombiniert sind.

informierten sich in Köln über das umfassende Angebot auf der IDS. © Koelnmesse GmbH, Thomas Klerx
Einsatz von Intraoral- und Speicherfolienscanner
In allen Bereichen der Zahnheilkunde bieten sich Bildgebungssysteme als Hilfsmittel an – so etwa der Intraoralscanner. Seit Jahren bietet er eine Alternative zur Elastomerabformung. In Zukunft könnten Intraoralscanner zusätzlich bei der Eingangsuntersuchung helfen. Eine Arbeitsgruppe der Universität Kopenhagen schlägt beispielsweise ein Verfahren zur automatisierten Detektion von Okklusalkaries vor. Dabei kommt ein fluoreszenzfähiger Intraoralscanner zum Einsatz.
Eine komplementäre Bildquelle stellen diagnostische Röntgenaufnahmen dar. Zukunftsweisende Speicherfolienscanner setzen bereits heute auf künstliche oder artifizielle Intelligenz (AI). Eine darauf basierende Software macht den täglichen Workflow für das ganze Team effizienter: automatische Bildrotation, AI-unterstützte Zahnerkennung, automatische Dosisberechnung und die automatische Speicherfolienqualitätsprüfung sparen wertvolle Arbeitszeit.
Bestehende Software könnte in Zukunft sogar als Plattform-Technologie genutzt werden, um andere Bilddaten oder auch klinische Informationen über den Patienten miteinzubeziehen. Langfristig besteht das Ziel darin, von der Diagnostik über die Prognostik die Therapie-Entscheidungen mit AI-Unterstützung zu erleichtern. Neue Cloud-Lösungen verbinden Praxisteams, Geräte und Dienstleistungen datenschutzkonform. So wird interdisziplinäre Behandlungsplanung einfacher und dank digitaler Zusammenarbeit nachhaltiger.
3D-Druck hält Einzug
Auch dentaler 3D-Druck gewinnt an Tempo und Effizienz. Dafür sorgt ein intelligentes Nesting von mehreren Bauteilen auf einer einzigen Bauplattform. Die Objekte werden automatisch optimal angeordnet; die Funktion ist in die Software ohne vorheriges Exportieren eingebettet. Auf der IDS gab es dazu einen neuen Drucker mit kompatiblen Nachbearbeitungseinheiten.
Die Eingliederung prothetischer Restaurationen geht im Gefolge der IDS leichter von der Hand. Denn ein selbstadhäsives Befestigungskomposit reduziert die Anzahl der nötigen Komponenten. Das Original-MDP-Monomer (10-Methacryloyloxydecyldihydrogenphosphat) und Original-Silan für den starken Haftverbund sind bereits enthalten. So wird insgesamt nur eine einzige Komponente benötigt, kein separater Primer. Das macht die klinische Anwendung effizient und minimiert das Fehlerpotenzial – für die dauerhafte Befestigung von Kronen und Brücken aus Zirkonoxid, Lithiumdisilikat, Hybridkeramik und Metalllegierungen.
Speziell in der Implantatprothetik ermöglicht es jetzt ein 60 µm dünner Einweg-Drucksensor mit roter Farbbeschichtung, Fehlbelastungen zu erkennen. Die Kaudruckverteilung des Patienten wird in 256 Druckstufen digital erfasst und zur weiteren Auswertung über das WLAN an eine App auf dem iPad übertragen. Im Ergebnis können Komplikationen, insbesondere im Zusammenhang mit einem unausgeglichenen okklusalen Kaudruck bzw. bei Bruxismus, von vornherein vermieden werden.
Hilfe bei engen Platzverhältnissen
Die Entwicklung der Kieferorthopädie wird en gros von der Integration digitaler Komponenten bestimmt – bis hin zum Biegeroboter. Dazu kommen zahlreiche Details, welche die Behandlung erleichtern: neue Retainer für eine patientenindividuelle Passung. Das digitale Design berücksichtigt insbesondere auch enge Platzverhältnisse. Nach Freigabe wird der Retainer 1:1 aus einem Titan-Blank gefräst. Das Material („Titan Grade 5“) ist auch für Nickel-Allergiker geeignet.
Bei akuten CMD-Beschwerden wurde auf der IDS eine Soforthilfe mit einer temporären, unmittelbar einsetzbaren Schiene vorgestellt. Diese löst adaptierte Schonhaltungen des Unterkiefers oder gleicht okklusale Frühkontakte aus. Damit werden Probleme, die vom Kiefer ausgehen und rasch zu Beschwerden im ganzen Körper führen können, ursächlich bekämpft.
Im Bereich der Aligner-Therapie ermöglicht ein neues Komposit mit zweckmäßiger Fließfähigkeit ein exaktes Befüllen des Templates – keine Überschüsse, keine Unterschüsse, richtige Positionierung. Die Fluoreszenz im UV-A-Licht hilft dabei, Artefakte, Überschüsse und Rückstände sichtbar zu machen und schnell und schmelzschonend zu entfernen.
IDS als „größte dentale Leitmesse der Welt“
In ihrem Abschlussbericht nannten die Veranstalter Zahlen, die nicht vermuten lassen, dass die Medizinproduktehersteller mit großen bürokratischen Hürden durch die EU-Medizinprodukteverordnung (MDR) zu kämpfen haben. Mit 1 788 Ausstellern aus 60 Ländern und rund 120 000 Fachbesuchern aus 162 Ländern knüpft die IDS als „größte dentale Leitmesse der Welt“ an Vor-Corona-Zeiten an.
Erste Befragungen durch die Veranstalter ergaben zufriedene Besucherinnen und Besucher. Demnach waren über 80 Prozent der Befragten mit der Veranstaltung sehr zufrieden, 83 Prozent lobten den umfassenden Angebotsüberblick und nahezu 90 Prozent würden die IDS ihren Geschäftspartnern weiterempfehlen. „Der IDS ist ein großartiger Re-Start nach den Einschränkungen und Auflagen der Coronapandemie gelungen. Der Zuschauer- und Ausstellerzuspruch beweist die Lebendigkeit und Diversität unseres Berufsstandes. Die Bundeszahnärztekammer als langjähriger Partner freut sich, auch bei der Jubiläums-IDS dabei gewesen zu sein“, resümierte Prof Dr. Christoph Benz, Präsident der Bundeszahnärztekammer (BZÄK). Die Veranstalter, der Verband der Deutschen Dental-Industrie, die Gesellschaft zur Förderung der Dental-Industrie und die Koelnmesse als Organisatorin der IDS 2023, zeigen sich ebenfalls sehr positiv. „Der diesjährige Claim ,100 years IDS – shaping the dental future‘ steht als Synonym für die herausragende Bedeutung der Messe heute und in der Zukunft“, bewertet Mark Stephen Pace, Vorstandsvorsitzender des Verbandes der Deutschen Dental-Industrie e.V. (VDDI).
Anita Wuttke/IDS Cologne