Nach über 31 Jahren am LMU-Klinikum verabschiedete sich Prof. Dr. Reinhard Hickel, Direktor der Poliklinik für Zahnerhaltung und Parodontologie, mit einem Symposium in den Ruhestand.
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Das Ende einer Ära

Abschiedssymposium für Prof. Dr. Reinhard Hickel

Nach über 31 Jahren am LMU-Klinikum in München wurde Prof. Dr. Reinhard Hickel, Direktor der Poliklinik für Zahnerhaltung und Parodontologie, Ende November 2023 mit einem Symposium geehrt. Er hat über 600 Publikationen, fünf Bücher und 25 Buchkapitel verfasst, ist Mitglied des wissenschaftlichen Beirats von zehn internationalen Zeitschriften und war Präsident mehrerer internationaler Fachgesellschaften. Zum Jahresende verabschiedete sich Prof. Hickel in den Ruhestand.

Er war einer der jüngsten Lehrstuhlinhaber, der in der Medizin an die LMU München berufen wurde: Mit nur 37 Jahren wurde Prof. Dr. Reinhard Hickel 1992 Direktor der Poliklinik für Zahnerhaltung und Parodontologie. Reinhard Hickel, geboren im oberfränkischen Landkreis Kronach, begann 1975 sein Studium der Zahnmedizin in Erlangen, 1981 wurde er dort promoviert, 1988 habilitierte er sich. Nach knapp zwei Jahren als Professor an der Zahn-Mund-Kiefer-Klinik des Universitätsklinikums Erlangen-Nürnberg folgte 1992 der Ruf an die Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München. Dort war Hickel seitdem Ordinarius und Direktor der Poliklinik für Zahnerhaltung und Parodontologie sowie der Kinderzahnmedizin. Zudem wirkte er unter anderem von 2013 bis 2015 als Stellvertreter des Ärztlichen Direktors des Klinikums der LMU sowie von 2015 bis 2021 als Dekan der Medizinischen Fakultät. Er war der erste Zahnmediziner in dieser Position.

München statt Heidelberg

1991 erhielt Reinhard Hickel nicht nur aus München einen Ruf, sondern er stand auch an der Uni in Heidelberg auf Platz 1 der Berufungsliste. Er entschied sich für München – und der Rest ist Geschichte. Für Hickel eine äußerst anstrengende, denn dem jungen Ordinarius war schnell klar, dass exzellente Medizin in keinem so heruntergekommenen Gebäude stattfinden kann. Dass ein Umbau notwendig war, stand lange fest, aber wegen mancher Unstimmigkeiten zwischen den Vorgängern ruhte das Bauvorhaben.

Der neue Chef klemmte sich dahinter, ab 2002 wurde fünf Jahre lang gebaut. Eher ungewöhnlich: Prof. Dr. Reinhard Hickel erschien täglich um 6 Uhr morgens auf der Baustelle zur Besichtigung und gab dort Input. „Das sorgte anfangs natürlich für Erstaunen“, erinnert er sich schmunzelnd. Aber nach kurzer Zeit war klar, dass der Zahnmediziner auch etwas Ahnung von der Arbeit auf dem Bau hat – und vor allem von den Bedürfnissen des Fachgebiets. „Beim Bau unseres Familienhauses habe ich viel selbst gemacht, mir macht das einfach Spaß“, so Hickel. Die gute Kooperation und die Betreuung durch das Uni-Bauamt zahlten sich aus: Nach der Fertigstellung der Klinik gab es keine Reklamationen, außerdem wurde das Budget eingehalten.

Pilotprojekt in Deutschland

Hickel prägte die Zahnmedizin am LMU-Klinikum in ganz besonderem Maße. Sein Herzensprojekt: Seit 2012 gibt es am Haus eine eigene Ambulanz zur Behandlung von Menschen mit Behinderung. Auf über 250 Quadratmetern haben dort – einmalig in Bayern und Deutschland – Patientinnen und Patienten mit multipler Behinderung die Möglichkeit, an einer spezialisierten zahnärztlichen Versorgung teilzunehmen.

Auch als Forscher hat Hickel international einen herausragenden Ruf. Er verfasste über 600 Publikationen, fünf Bücher und 25 Buchkapitel, war Mitglied des wissenschaftlichen Beirats von zehn internationalen Zeitschriften und Präsident mehrerer internationaler Fachgesellschaften. Die Themen seiner Veröffentlichungen waren unter anderem restaurative Zahnmedizin, aber auch Kinderzahnmedizin, Endodontologie und Parodontologie.

Sein Forschungsschwerpunkt lag auf der Entwicklung und Charakterisierung von neuen Zahnrestaurationsmaterialien und Verfahren für die minimalinvasive Zahnmedizin sowie von diagnostischen Systemen. Er leistete außerdem viele wichtige Beiträge zu Themen wie Beurteilung und Entscheidungsfindung bei nicht mehr perfekten Restaurationen sowie der Standardisierung bei klinischen Studien. Die von ihm entwickelten Kriterien werden heute weltweit verwendet. Zusätzlich brachte er sich in der zahnärztlichen Selbstverwaltung ein, unter anderem als Vorstandsmitglied der Bayerischen Landeszahnärztekammer (2005 bis 2010). Für seine 45jährige Forschungstätigkeit in der Zahnmedizin wurde Prof. Dr. Reinhard Hickel in diesem Jahr mit dem Bundesverdienstkreuz geehrt (siehe BZB 9/2023, Seite 7).

Nachfolger steht fest

Hickels Nachfolge als Direktor der Poliklinik für Zahnerhaltung und Parodontologie tritt Prof. Dr. Falk Schwendicke, Leiter der Abteilung Orale Diagnostik, Digitale Zahnheilkunde und Versorgungsforschung an der Charité Universitätsmedizin in Berlin, an. Im wissenschaftlichen Programm des Symposiums referierte er zu den zukünftigen Entwicklungen in der Zahnerhaltung.

Redaktion


Stimmen zur Verabschiedung von Prof. Dr. Reinhard Hickel

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Prof. Dr. Bernd Huber, Präsident der LMU München:

„Die Rolle des Dekans der Medizinischen Fakultät ist sicherlich eines der anspruchsvollsten, interessantesten, aber eben auch schwierigsten Ämter, die wir haben. Du hast das sechs Jahre gemacht, Du hast die Aufgabe bravourös gemeistert. Das kann man an vielen Punkten erkennen, ob es um Forschung und Lehre, Berufungen, oder auch Bauvorhaben geht. Da hat sich vieles in diesen sechs Jahren ergeben und ich möchte für die gute Zusammenarbeit und für die Loyalität in diesen sechs Jahren ganz herzlich danken.“

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Prof. Dr. Markus M. Lerch, Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender des LMU-Klinikums:

„Du hast auf eine Art und Weise Wissenschaft in der Zahnmedizin betrieben, die ganz außerordentlich ist. Die Projekte Deiner Arbeitsgruppe zu Restaurationsmaterialien und der Rolle von Amalgam wurden sieben Mal von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert. Du hast mit 37 Jahren den Lehrstuhl für Zahnmedizin übernommen und hast 15 Jahre lang als Mitglied des Vorstandes die Geschichte von Fakultät und LMU Klinikum mitgestaltet. Dafür möchte ich Dir, lieber Reinhard, herzlich danken.“

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Prof. Dr. Thomas Gudermann, Dekan der Medizinischen Fakultät und Vorstandsmitglied des LMU-Klinikums:

„30 Jahre lang hat Professor Hickel die Zahnklinik geleitet und sie gehört zu den forschungsstärksten zahnmedizinischen Einrichtungen weltweit. Mehr als 600 Publikationen und etliche Buchkapitel und Bücher hat Professor Hickel veröffentlicht, viele verschiedene Forschungsanträge gestellt und damit für die Sichtbarkeit der Zahnmedizin in der medizinischen Forschung gesorgt.“

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Dr. Frank Wissing, Generalsekretär des Medizinischen Fakultätentages:

„Professor Hickel hat intensiv die Landschaft der Medizinischen Fakultät und derZahnmedizin geprägt. Insgesamt 12 Jahre war er im Hochschulpräsidium tätig, erst als Vertreter der Zahnmedizin, dann auch als Dekan. Er war Gründungsvater des Ausschusses für Lehre und hat in dieser Rolle die Akademie für Ausbildung und Hochschulwesen geleitet und vorangetrieben.“

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Felix Bader, Fachschaft Zahnmedizin an der LMU München:

„Modernität war immer ein großes Anliegen von Ihnen, damit wir in der Zahnmedizin mit der Humanmedizin auf Augenhöhe bleiben und nicht von ihr abgehängt werden. Diesen Grundsatz, den Sie während Ihrer Zeit als Dekan der Medizinischen Fakultät verteidigten, verdanken wir Studierende die wissenschaftliche Ausbildung. Handwerkliche Ausbildung und Wissenschaft schließen sich dabei nicht aus. Diese Grundhaltung lebt in der neuen Approbationsordnung weiter, an deren Umsetzung Sie maßgeblich beteiligt waren. Herr Professor Hickel, Sie waren ein Macher. Herzlichen Dank für Ihren Einsatz für Ihre Studentinnen und Studenten.“