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Corona hinterlässt Spuren

Zufriedenheit der Heilberufler sinkt – Wunsch nach finanzieller Absicherung

Durch die Corona-Pandemie geriet das Gesundheitswesen, ganz besonders der stationäre Bereich, mehrfach an seine Belastungsgrenzen. Druck erzeugt Unzufriedenheit und verschiebt die eigene Werteskala. Dies spiegelt sich auch in der aktuellen Erhebung „Inside Heilberufe“ der apoBank wider. Sie zeigt: Bei Heilberuflern steht die finanzielle Absicherung mit an oberster Stelle.

Ausfälle beim Personal, Kurzarbeit, Kündigungen und vorübergehende Praxisschließungen gehörten in Pandemiezeiten zur neuen Realität der Heilberufe. Das hat Konsequenzen. Die Deutsche Apotheker- und Ärztebank (apoBank) hat für die dritte Ausgabe von „Inside Heilberufe“ rund 500 Ärzte, Zahnärzte, Pharmazeuten und Studierende der Gesundheitsberufe nach ihren Zielen, Werten und Wünschen befragt und erkennbare Veränderungen in der Zufriedenheit ausgemacht. Diese ist seit 2016 kontinuierlich gesunken auf nunmehr 51 Prozent (es waren schon einmal 62 Prozent). Als rundum zufrieden bezeichnen sich nur noch sieben Prozent. Der berufliche, emotionale, aber auch der wirtschaftliche Druck scheinen bei den Angehörigen der Gesundheitsberufe ganz allgemein gestiegen zu sein.

Für Matthias Schellenberg, den Vorsitzenden des Vorstands der apoBank, kommt dies „angesichts der andauernden Pandemie, der strukturellen Veränderungen und des ökonomischen Druckes im Gesundheitssystem“ nicht überraschend. Um eine qualitative und flächendeckende Gesundheitsversorgung zu sichern, brauche man motivierte, engagierte und gut qualifizierte Köpfe, die gerne als Arzt, Zahnarzt oder Apotheker tätig sind. Sorge bereitet ihm der erkennbare Stimmungswandel unter den Studierenden. Der anhaltende Fachkräftemangel im Gesundheitswesen kommt noch obendrauf. „Mit unserer Studie spüren wir auf, welche Rahmenbedingungen für ein attraktives berufliches Umfeld nötig sind. Die Ergebnisse verstehen wir als Impuls für uns und all diejenigen, die an einer zukunftsfähigen Gesundheitsversorgung mitwirken.“

Was ist wichtig im Leben? © Inside Heilberufe III – eine Studie der apoBank

Familienleben und finanzielle Absicherung auf Platz 1

Zu diesen Rahmenbedingungen zählt unangefochten das familiäre Umfeld, das für 92 Prozent der Befragten an oberster Stelle der Werteskala steht. Die finanzielle Sicherheit liegt nur einen Prozentpunkt darunter. Der Wunsch nach einem hohen Einkommen und dem entsprechenden Lebensstandard ist bei der Zahnärzteschaft mit Abstand am ausgeprägtesten (83 Pro-zent). Überhaupt haben insgesamt materielle Aspekte wie Eigentum und Vermögensbildung, ein hohes Einkommen und Lebensstandard deutlich an Relevanz gewonnen.

Corona wirkt sich aufs Private aus

Dass die finanzielle Absicherung immer wichtiger wird, liegt nach Ansicht der Analysten jedoch vermutlich nicht nur an der Corona-Krise. Diesen Zusammenhang nennen nämlich nur 14 Prozent der Befragten. Die Pandemie-Auswirkungen reichen vielmehr weit in den privaten Alltag hinein. Für über ein Drittel der Befragten beeinflusste die Pandemie weit negativer eine gesunde Lebensweise und die persönliche Fitness. Die Einschränkungen bei Reisen (82 Prozent) und in der Freizeit (60 Prozent), veränderte Situationen im Familienalltag (31 Prozent) wurden insgesamt als die stärksten Beeinträchtigungen empfunden. Die berufliche Karriere hingegen nannten in diesem Zusammenhang lediglich 9 Prozent.

Zufriedenheit mit der beruflichen Situation © Inside Heilberufe III – eine Studie der apoBank

Frauen tendieren zur Anstellung

Nach den Plänen für die kommenden drei Jahre gefragt, wollen sich 22 Prozent der angestellten Heilberufler niederlassen oder selbstständig machen. 32 Prozent planen einen Karrieresprung, für ein Drittel steht auch Kindererziehung auf der Agenda. Während die Frauen sich dabei tendenziell eher für ein Anstellungsverhältnis entscheiden, ist das Ziel der männlichen Kollegen die Niederlassung. Alarmierend: Fast ein Drittel der selbstständigen Heilberufler will sich in den kommenden drei Jahren in den Ruhestand verabschieden.

Digitalisierung ja – Bürokratie nein

Der Blick auf die Digitalisierung des Gesundheitswesens ist ambivalent. Ob jemand angestellt ist oder als Selbstständiger seinen Beruf ausübt, macht hier offensichtlich einen Unterschied. 38 Prozent der Niedergelassenen wünschen sich weniger digitales Datenmanagement und 29 Prozent hätten gerne mehr davon. Dokumentationspflichten und Verwaltungsarbeit bleiben weiterhin ein lästiges Übel. Weniger Bürokratie ist und bleibt also ganz oben auf der Wunschliste, vor allem bei den Selbstständigen (91 Prozent). Dazu kommt auch der Wunsch nach mehr eigener berufliche Entscheidungsfreiheit und weniger staatlichen Regulierungen.

Empfehlung des eigenen Berufes an junge Menschen © Inside Heilberufe III – eine Studie der apoBank

Pandemie hat Studienbedingungen verändert

Nach den Wünschen für die berufliche Zukunft gefragt, nennt der Großteil der Studierenden (75 Prozent), genügend Zeit für Patienten haben zu wollen. Stets up to date zu sein und sich weiterzubilden sowie eine flexiblere Arbeitszeitgestaltung folgen direkt danach. Während bei den etablierten Berufspraktikern das Einkommen einen sehr hohen Stellenwert einnimmt, ist dies zunächst nur für knapp die Hälfte der Studierenden (45 Prozent) ausschlaggebend. Mit ihrer Ausbildungssituation zeigen sich mittlerweile jedoch immer weniger Studierende zufrieden. 2016 waren es noch 71 Prozent, heute liegt der Wert nur noch bei 44 Prozent. Ein gutes Fünftel der Studierenden (22 Prozent) bezeichnet sich als ausdrücklich unzufrieden.

Die Gründe hierfür sind ganz offenkundig auf veränderte Studien- und Ausbildungsbedingungen während der Pandemiejahre zurückzuführen. Stichwort Online-Studium statt Präsenz-Studium! 62 Prozent haben sich entsprechend geäußert. Doch auch der Mangel an qualifizierten Fachkräften im Gesundheitswesen, der immer noch nicht in den Griff bekommen wurde, beunruhigt Studierende: 67 Prozent zählen dies zu den größten Herausforderungen. Zu viel Bürokratie (56 Prozent) und Finanzierung (34 Prozent) sind weitere wunde Punkte.

Positiv ist, dass Zahnärzte und Ärzte überwiegend mit Leidenschaft und Überzeugung ihrer Tätigkeit nachgehen. Ganze 60 Prozent der Zahnärzte – 19 Prozent mehr als noch vor drei Jahren – würden ihn jungen Menschen als Beruf ans Herz legen.

Ingrid Scholz