Die Corona-Pandemie ist die größte globale Krise seit dem Zweiten Weltkrieg. Natürlich hat sie auch Auswirkungen auf die Bayerische Ärzteversorgung. Die gute Nachricht vorweg: Trotz der dadurch entstandenen Herausforderungen blicken die Verantwortlichen auf ein stabiles Geschäftsjahr zurück. Das Versorgungswerk ist robust und krisensicher aufgestellt. Selbst unter schwierigsten Marktverhältnissen bleiben die Widerstandsfähigkeit und Ertragskraft gewährleistet.
Geschäftsjahr 2020
Das Geschäftsjahr 2020 ist abgerechnet. Der Geschäftsbericht der Bayerischen Ärzteversorgung liegt vor und das wirtschaftliche Ergebnis wirkt „normaler“ als es in Pandemie-Zeiten zu erwarten war. Der Weg dorthin war aufgrund der Covid-19-Effekte allerdings bewegter als in den Vorjahren. 2020 gab es über alle Anlageklassen hinweg fast dreimal so viele abrupte, starke Marktbewegungen wie im Jahr der Finanzmarktkrise 2008.
Durch ein globales und nach Anlageklassen breit diversifiziertes Portfolio ist es der Bayerischen Ärzteversorgung gelungen, die zeitweilige Abwärtsbewegung an den Kapitalmärkten deutlich abzufedern. Da Selbstverwaltungsgremien und Geschäftsführung bewusst an der strategischen Ausrichtung festgehalten haben, war es im weiteren Jahresverlauf zudem möglich, von der starken Markterholung zu partizipieren. Neben einer breiten Diversifizierung der Vermögensanlagen hat es sich bewährt, das Portfolio des Versorgungswerkes aktiv zu steuern und die strategischen langfristigen Investments um taktische Marktopportunitäten zu erweitern – auch mal antizyklisch.
Nicht nur die Zahl der Einflussfaktoren für Investmententscheidungen hat sich erhöht. Gleiches gilt für die Wechselbeziehungen. Dadurch ist es deutlich anspruchsvoller geworden, Entwicklungen an den Kapitalmärkten zu prognostizieren und auf dieser Basis die notwendigen Renditen zu erwirtschaften. Aber: Das bedeutet nicht, dass es unmöglich geworden ist. Zum Ende des Geschäftsjahres 2020 kann die Bayerische Ärzteversorgung mit einer erzielten Nettoverzinsung in Höhe von 3,52 Prozent (Vorjahr 3,72 Prozent) eine gute Bilanz ziehen. Die Kapitalanlagebestände erhöhten sich per saldo um 4,6 Prozent auf 26,0 Milliarden Euro. Die daraus erwirtschafteten Nettoerträge beliefen sich auf 895,5 Millionen Euro (−0,4 Prozent). Der Mitgliederbestand (Aktive) erhöhte sich um 1 951 Mitglieder und damit um 2,0 Prozent (Vorjahr: +1,9 Prozent) auf 98 404. Die Pandemie hat bei den Beitragseingängen nicht zu Ausfällen geführt. Das Beitragsaufkommen wuchs sogar um 4,4 Prozent auf 1.426,4 Millionen Euro. Ursachen dieser Beitragssteigerung waren neben der allgemeinen Einkommensentwicklung und dem Anstieg des Mitgliederbestandes auch die Beitragssatzreform für selbstständige Mitglieder zum 1. Januar 2015. Besonders beachtlich ist die Höhe der geleisteten freiwilligen Mehrzahlungen, die ein Volumen von 103,9 Millionen Euro (+10,0 Prozent) erreichten. Das ist ein deutlicher Vertrauensbeweis der Mitglieder gegenüber ihrem berufsständischen Versorgungswerk. Die Zahl der Versorgungsempfänger stieg im Jahr 2020 um 1 212 bzw. 3,2 Prozent (Vorjahr: + 3,2 Prozent) auf 39 640. Die Versorgungsleistungen erhöhten sich um 5,0 Prozent auf 1.144,4 Millionen Euro. Zum Ende des Geschäftsjahres betrug das Verhältnis der aktiven Mitglieder zu Versorgungsempfängern 2,5 zu 1.
Die Ertragslage des Versorgungswerkes ermöglichte eine einprozentige Erhöhung der Anwartschaften der aktiven Mitglieder und aller eingewiesenen Versorgungsleistungen zum 1. Januar 2022. Dies bedeutet keine Schlechterstellung gegenüber der umlagefinanzierten gesetzlichen Rentenversicherung. So sind sowohl die Ausgangsverrentung als auch die Gesamtverrentung unseres kapitalbildenden Versorgungswerkes systembedingt höher, weil die künftige Verzinsung der Kapitalanlagen hier bereits von Anfang an eingerechnet ist. Nachdem der Rechnungszins in Höhe von 3,25 Prozent bereits berücksichtigt ist, trägt lediglich der darüber hinausgehende Zinsertrag zur Dynamisierung bei. Das heißt konkret, dass das Versorgungswerk von einem deutlich höheren Niveau ausgehend dynamisiert.
Stabiles Finanzierungssystem aus Kapitaldeckung und Umlage
Die andauernde Niedrigzinsphase lässt natürlich auch die Bayerische Ärzteversorgung nicht unberührt. Allerdings halten sich die negativen Folgen in überschaubaren Grenzen. Zum einen, weil die Vermögensanlage der Bayerischen Ärzteversorgung im vergangenen Jahrzehnt neu ausgerichtet wurde, weg von festverzinslichen Anlagen hin zu Sachwerten wie Immobilien, Aktien und alternativen Investments. Zum anderen erfolgt in der Gesamtfinanzierung zunehmend eine steigende Gewichtung der Umlagekomponente. Auch hier zeigt sich einmal mehr, wie vorteilhaft es ist, dass das offene Deckungsplanverfahren auf zwei Standbeinen steht. Es handelt sich hierbei um ein Mischsystem mit Kapitaldeckungs- und Umlageanteilen. Diese führt zu einer höheren Risikotragfähigkeit, mindert die Abhängigkeit von Kapitalmarktentwicklungen und macht die Finanzierung des Systems sehr stabil.
Zwischen Unsicherheit und Zuversicht
Die Pandemie hat allen Menschen Grenzen aufgezeigt und zugleich Demut und Respekt gelehrt. Vielleicht hat sie auch den Fokus auf das wirklich Wichtige geschärft. Sie ist für alle jedoch weiterhin mit großer Unsicherheit verbunden. Selten war der Ausblick auf Wirtschaft und Finanzmärkte so zwiespältig wie heute. Einerseits könnten besonders ansteckende Virus-Varianten einen herben wirtschaftlichen Rückschlag auslösen, während gleichzeitig Lieferengpässe und eine hohe Inflation die Konjunktur bremsen. Andererseits ist es auch möglich, dass es spätestens im Frühjahr 2022 gelingt, die Pandemie in großen Teilen der Welt so in den Griff zu bekommen, dass sie nicht mehr den Ausblick für Wirtschaft und Märkte prägt. Bereits im Sommer 2020 und erneut in 2021 hat sich gezeigt, wie schnell die Konjunktur wieder anspringen kann, wenn die Rahmenbedingungen es zulassen. Die Aussicht auf goldene 2020er-Jahre nach einem düsteren Start ins neue Jahrzehnt bleibt insofern eine realistische Chance. Ob wir sie erfolgreich nutzen, entscheidet sich auch daran, wie die Gesellschaft die großen Herausforderungen wie den Anstieg der Staatsschulden, die Digitalisierung, den Bedarf für mehr Daseinsvorsorge und den Klimawandel bewältigt.
Heruntergebrochen auf die Bayerische Ärzteversorgung bedeutet dies, dass sowohl die Selbstverwaltungsgremien als auch die Geschäftsführung ihr Augenmerk weiterhin darauf legen, das Versorgungswerk frühzeitig an sich wandelnde ökonomische, soziale und ökologische Rahmenbedingungen anzupassen. Das zeigt sich am Umbau der Vermögensanlage, an der Einführung innovativer Online-Dienste, aber auch an der Weiterentwicklung der hauseigenen Nachhaltigkeitsstrategie. Es gilt, vorausschauend zu handeln, um dem verantwortungsvollen Versorgungsauftrag dauerhaft gerecht zu werden. Einfache Antworten gibt es oftmals nicht, die Komplexität ist groß. Dass wir uns auf dem richtigen Weg befinden, unterstreicht auch die vorläufige Nettoverzinsung von 3,66 Prozent im Geschäftsjahr 2021.