Bayerischer Koalitionsvertrag: Hilfe zur Selbsthilfe

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

mit der Vereinbarung des 85-seitigen Koalitionsvertrages haben CSU und Freie Wähler die Fortsetzung der 2018 begonnenen Regierungskoalition in Bayern für weitere fünf Jahre „besiegelt“.

Die Bezeichnung Koalitionsvertrag ist irreführend, da es sich dabei nicht um einen Vertrag im rechtlichen Sinne handelt, sondern um die Absichtserklärung für die politische Arbeit eines Parteienbündnisses, das sich zwecks Regierungsbildung zusammengeschlossen hat. Koalitionsvereinbarungen können auch von keinem der Beteiligten eingeklagt werden, da weder bei Verwaltungs- noch bei Verfassungsgerichten eine Zuständigkeit dafür gegeben ist.

Gleichwohl gewinnen Koalitionsverträge immer größere Bedeutung, da absolute Mehrheiten im ausdifferenzierten und volatil gewordenen Parteiengefüge Deutschlands kaum mehr vorkommen. Deshalb sehen Betroffene bei der Publikation von Koalitionsvereinbarungen genau hin, was drinsteht und ebenso, was nicht drinsteht.

Zentrale Punkte für uns Zahnärzte sind klare Bekenntnisse zur Freiberuflichkeit und zur Sicherstellung der Versorgung im ländlichen Raum. Die Versorgung dort ist nur durch „kleinere Einheiten“, also Einzelpraxen und kleine Gemeinschaftspraxen, zu gewährleisten. Wenn die Politik wohnortnahe Versorgung will, dann muss sie die Niederlassung abseits der Ballungsräume wieder attraktiv machen. Nur mit auskömmlicher Honorierung kann den Problemen des Fachkräftemangels, der bürokratischen Überbelastung und der Vereinbarkeit von Beruf und Familie eines zunehmend feminisierten Berufsstandes begegnet werden.

Im GKV-Bereich fordert der Koalitionsvertrag die Abschaffung der Budgetierung. Die Regelung der Gebührenordnungen (Bema und GOZ) liegt allerdings nicht in der Kompetenz der Länder. Zur GOZ äußert sich der Koalitionsvertrag nicht, dafür hat (die zum Zeitpunkt des Bayerischen Zahnärztetages amtierende) Gesundheitsministerin Ulrike Scharf beim Festakt des Zahnärztetages ein eindeutiges Statement zur GOZ abgegeben:

„Eine Reform ist längst überfällig! Es braucht dringend eine grundlegende Überarbeitung der Gebührenordnung für Zahnärztinnen und Zahnärzte. Seit fast 35 Jahren wurde der Punktwert nicht mehr angepasst. Das ist weder wirtschaftlich noch entspricht es dem aktuellen wissenschaftlichen Stand.“

Eine GOZ-Reform und vor allem eine Anpassung des GOZ-Punkwertes sind aber in den nächsten Jahren nicht zu erwarten. Damit bleibt uns bayerischen Zahnärzten als Handlungsoption nur die umfangreiche Anwendung von Vereinbarungen nach § 2 GOZ, um ein leistungsgerechtes Honorar für zahnärztliche Privatleistungen zu erhalten. Nur so können wir unsere als berechtigt anerkannten Forderungen realisieren und gleichzeitig die im Koalitionsvertrag geforderte Sicherstellung der Versorgung in ländlichen Regionen gewährleisten.

Genau zu diesem Zweck haben wir unsere Selbsthilfeoffensive GOZ ON TOUR konzipiert und erfolgreich gestartet. Wir werden sie fortführen und ausbauen – ganz im Sinne des Koalitionsvertrages!

Mit kollegialen und herzlichen Grüßen

Ihr

Dr. Dr. Frank Wohl
Präsident der Bayerischen Landeszahnärztekammer