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Ausreichend, zweckmäßig, wirtschaftlich

Was bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung zu beachten ist

Nicht wenige Zahnarztpraxen sind von Wirtschaftlichkeitsprüfungen betroffen. Häufig stellt sich zunächst eine gewisse Ratlosigkeit ein, wenn der erste Prüfantrag ins Haus flattert. Zudem bleibt ein Prüfantrag nicht selten allein. Deshalb ist es umso wichtiger zu wissen, wie man sich in einer solchen Situation am besten verhält.

Im Rahmen der vertragszahnärztlichen Versorgung unterliegt jede zugelassene Zahnarztpraxis (die sogenannte Abrechnungseinheit) dem Wirtschaftlichkeitsgebot. Das Wirtschaftlichkeitsgebot dient nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts der Sicherstellung und dem Erhalt des GKV-Systems.

Das Wirtschaftlichkeitsgebot ist eine vertragszahnärztliche Pflicht. Es bedeutet entsprechend § 12 Abs. 1 SGB V, dass Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein müssen. Sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen Vertragszahnärzte nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.

Ein Prüfantrag zur Überprüfung der wirtschaftlichen Behandlungsweise in der Zahnarztpraxis bedeutet dementsprechend nicht, dass dem Zahnarzt unterstellt wird, er hätte Leistungen nicht erbracht. Es bedeutet lediglich, dass er mehr Leistungen abrechnet als eine durchschnittliche bayerische Zahnarztpraxis. Jede zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Praxis erhält quartalsweise Statistiken, die ihre Abrechnung und die Abrechnung des Landesdurchschnittes darstellen und ins Verhältnis setzen. Diese Statistiken nennen sich Gesamtübersicht und Häufigkeitsstatistik. Jede Praxis kann diese Statistiken online abrufen und sollte sich mit ihnen vertraut machen.

Grundsätzlich ist in der Regel mit einem Prüfantrag auf Überprüfung der Wirtschaftlichkeit immer dann zu rechnen, wenn die Statistik im Rahmen der Gesamtübersicht – beim sogenannten Gesamtfallwert – eine Überschreitung der betroffenen Abrechnung von mehr als 50 Prozent gegenüber dem Landesdurchschnitt aufweist. Gleichermaßen ist mit einem Prüfantrag zu rechnen, wenn im Rahmen der Häufigkeitsstatistik, also bei den einzelnen Bema-Positionen, Überschreitungen von mehr als 100 Prozent gegenüber dem Landesdurchschnitt vorliegen. Die Überschreitung dieser Grenzen führt dazu, dass sich der Betroffene in dem Anschein einer unwirtschaftlichen Behandlungsweise bewegt. Als Folge obliegt es ihm, „diesem Anschein entgegenzutreten“. Er muss darlegen, warum er in seiner Praxis mehr Leistungen zur Behandlung gesetzlich versicherter Patienten benötigt, als in einer durchschnittlichen bayerischen Zahnarztpraxis. Gelingt ihm dieser Nachweis nicht, kommt es bei Anfängerpraxen zunächst in der Regel erst zu einer schriftlichen Beratung im Prüfbescheid, eine Art „Warnschuss“. Ändert sich die Abrechnungshöhe einzelner Bema-Positionen oder des Gesamtfallwertes dennoch nicht, kommt es zu Honorarkürzungen.

Allerdings ist nicht jede Überschreitung der Durchschnittswerte einer unwirtschaftlichen Behandlungsweise geschuldet. Es gibt eine Vielzahl an Erklärungsansätzen, warum in einer Praxis mehr Leistungen einer Bema-Position benötigt werden als in der bayerischen Durchschnittspraxis. Diese sogenannten Praxisbesonderheiten oder kompensatorischen Einsparungen sollten im Rahmen des Prüfverfahrens dringend durch den Betroffenen dargelegt werden.

Praxisbesonderheiten werden definiert als Tatsachen, die ursächlich für den erhöhten Kostenaufwand sind und die zu einer (teilweisen) Zuerkennung der statistisch höheren Überschreitungswerte führen. Sie müssen dargelegt und bewiesen werden.

Eine Praxisbesonderheit kann beispielsweise eine von der Norm abweichende Patientenklientel sein, also etwa die vermehrte Behandlung von hochbetagten Patienten oder Kindern. Ein weiteres Beispiel für eine Praxisbesonderheit ist ein von der Norm abweichender Behandlungsschwerpunkt. Ein solcher kann beispielsweise bei einer erhöhten Abrechnung von chirurgischen Leistungen durch eine vermehrte operative Tätigkeit eines allgemein tätigen Zahnarztes vorliegen.

Kompensatorische Einsparungen hingegen werden definiert als der Minderaufwand bei Leistungen und Verordnungen, die den unwirtschaftlichen Mehraufwand bei den zu prüfenden Leistungen und Verordnungen ausgleichen können. Voraussetzung hierfür ist, dass zwischen Mehr- und Minderaufwendungen ein ursächlicher Zusammenhang besteht.

Entsprechend dieser Definition gibt es auch hier eine Vielzahl an entlastenden Argumentationsmöglichkeiten. So können beispielsweise Einsparungen bei den Festzuschüssen 1.1 und 1.2 eine erhöhte Abrechnung von Füllungsleistungen erklären. Ein weiteres Beispiel hierfür ist die vermehrte Abrechnung von Leistungen der Endodontie bei verminderter Abrechnung von Extraktionen.

Ein Antrag auf Überprüfung der Wirtschaftlichkeit der Abrechnung bedeutet für die Betroffenen in aller Regel einen hohen Zeitaufwand. Nichtsdestotrotz und gerade deshalb ist es umso wichtiger, die Prüfverfahren von Anfang an mit erhöhter Aufmerksamkeit und durch kooperative Mitarbeit zu begleiten. Nur dann kann der Vorwurf der unwirtschaftlichen Abrechnungsweise schnell entkräftet oder aber die festgestellte Unwirtschaftlichkeit in der Abrechnung zügig abgestellt werden. Als Konsequenz wird sich bei diesem Vorgehen das Rad der Prüfanträge nicht ins Unendliche weiterdrehen.

Sowohl die zuständige Prüfungsstelle Zahnärzte Bayern wie auch die Referenten des Vorstands für das Prüfwesen der KZVB bieten individuelle Beratungen zur Wirtschaftlichkeitsprüfung an.


Dos

  • Kooperative Mitarbeit
  • Auflistung aller Praxisbesonderheiten und kompensatorischer Einsparungen im Rahmen einer Stellungnahme
  • Eigenes und ehrliches Hinterfragen der Abrechnungshöhe
  • Regelmäßige Kontrolle der eigenen Statistiken
  • Beratungsangebote annehmen

Don‘ts

  • Verweigerung der Mitarbeit im Prüfverfahren
  • Unsubstantiierter Sachvortrag
  • Sachvortrag, der der eigenen Statistik widerspricht
  • Angleichen der Abrechnung entgegen den tatsächlich erbrachten Leistungen

Dr. Kristin Büttner

Rechtsanwältin (Syndikusrechtsanwältin)

Leiterin der Prüfungsstelle Zahnärzte Bayern