Foto: xavier gallego morel – stock.adobe.com

5 000 Menschen auf den Zahn gefühlt

Sechste Deutsche Mundgesundheitsstudie hat begonnen

Den Deutschen wird nach acht Jahren wieder gründlich in den Mund geschaut: Anfang Oktober startet die Sechste Deutsche Mundgesundheitsstudie (DMS 6) – ein zahnärztliches Großprojekt mit über 5 000 Probanden an bundesweit 90 Untersuchungsstandorten. Was sind die häufigsten oralen Erkrankungen, wie hat sich die Mundgesundheit in den vergangenen 20 Jahren entwickelt? Darauf will das Institut der Deutschen Zahnärzte (IDZ) Antworten finden.

Die DMS 6 ist die größte repräsentative Analyse zur oralen Gesundheit und zur zahnmedizinischen Versorgung in Deutschland. Sie zeigt, ob die bereits umgesetzten versorgungspolitischen Strategien greifen oder ob ein Nachsteuern notwendig ist. Ihre Ergebnisse tragen wesentlich zur Gesundheitsberichterstattung des Bundes bei.

Untersucht werden jetzt die damals Zwölfjährigen

Im Unterschied zu ihren Vorgängerstudien ist die DMS 6 als kombiniert querschnittliche und längsschnittliche, multizentrische und bundesweit repräsentative sozioepidemiologische Studie angelegt. Ziel ist es, den aktuellen Zahnstatus der Mundgesundheit durch eine klinische Untersuchung zu erheben und gleichzeitig Informationen zum Mundgesundheitsverhalten durch eine sozialwissenschaftliche Befragung zu sammeln. Durch die erstmalig erneute Untersuchung von Probanden aus der Vorgängerstudie DMS V von 2016 wird es möglich sein, individuelle Krankheitsverläufe und Erkrankungsinzidenzen aufzuzeigen.

Die DMS 6 hat drei Schwerpunkte:

• Zwei Querschnitts-Fragestellungen:

1. Wie hoch sind die aktuellen Prävalenzen oraler Erkrankungen? Hier sollen die gängigsten und schwerwiegendsten oralen Erkrankungen erfasst werden.
2. Welche Assoziationen zwischen der Mundgesundheit und weiteren Probandenmerkmalen gibt es? Hier wird etwa der soziale Status erhoben.


• Eine Trend-Fragestellung: Wie ist die Entwicklung der Mundgesundheit in Deutschland von 1989 bis 2023? Hier ist es wichtig, auf eine hinreichende Kompatibilität mit den vorangegangenen Mundgesundheitsstudien zu achten.

• Zwei Längsschnitt-Fragestellungen:

1. Wie verändern sich orale Erkrankungen im Lebensverlauf? Hier werden Krankheitsverläufe im Vergleich untersucht.
2. Welche Probandenmerkmale beeinflussen die Entwicklung oraler (Neu-)Erkrankungen? Hier sollen gesundheitspolitische Faktoren identifiziert werden, die zur Verbesserung oder Verschlechterung von Erkrankungen führen können.

Die DMS 6 wird in Modulen durchgeführt, um eine Längsschnittanalyse im Zeitverlauf zu ermöglichen. Das heißt: In der DMS 6 werden die heute 20-Jährigen untersucht, die zum Zeitpunkt der DMS V zwölf Jahre alt waren. Außerdem werden die 43- bis 52-Jährigen untersucht, die zum Zeitpunkt der DMS V 35- bis 44-jährig waren. Und es werden 73- bis 82-Jährige untersucht, die damals 65- bis 74-jährig waren.

Möglichst verzerrungsfreies Bild

Es werden auch neue Alterskohorten aufgenommen: die heute 12-Jährigen, die heute 35- bis 44-Jährigen und die heute 65- bis 74-Jährigen. Geplant ist, dass diese Kohorten in etwa acht Jahren in der Folgestudie DMS 7 weiter begleitet werden. Der Zuschnitt der Altersgruppen folgt den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation und erlaubt damit internationale Vergleiche mit älteren Studien gleichen Zuschnitts.

Ziel ist, ein möglichst verzerrungsfreies Bild der Bevölkerung in den ausgewählten Altersgruppen zu erreichen. Aus jedem Bundesland werden Zufallsstichproben gezogen, dabei werden die gleichen 90 Stichprobengemeinden gewählt wie bei der DMS V. Die Teilnehmenden sollen in einigen Jahren auch für die Nachfolgestudie DMS 7 gewonnen werden.

Zum Studiendesign gehört ein ausgefeiltes Konzept für die Feldarbeit. Insgesamt vier eigens geschulte Teams werden dazu von September 2022 bis Juni 2023 in den 90 Stichprobengemeinden eingesetzt. Jedes Team besteht aus einer Zahnärztin oder einem Zahnarzt und einem Interviewenden. Sie sind für die Durchführung der Untersuchung und der Befragung verantwortlich. Hinzu kommt ein Kontakter zur persönlichen Vorabrekrutierung der Studienteilnehmenden.

Je sechs Tage dauern die Tests pro Standort

Pro Stichprobengemeinde wird für sechs Tage ein Zentrum eingerichtet, in dem die Untersuchungen und Befragungen erfolgen können. Dazu werden in der Regel zwei Räume von der jeweiligen Kommune, der Kirchengemeinde oder von Hotels angemietet. Wenn man von einer durchschnittlichen Verweildauer der Probanden von rund 45 Minuten im Untersuchungszentrum ausgeht (davon entfallen 20 bis 30 Minuten auf die zahnärztliche Untersuchung), können rund 68 Termine innerhalb von sechs Tagen in einer Stichprobengemeinde durchgeführt werden. Die für die Studie ausgewählten Probanden können sich vorab über den Ablauf eines Termins per Video im Internet informieren. Die Befragung wird nach dem Infektionsschutzgesetz begleitet. Für die DMS 6 wurde ein eigenes Infektionsschutzkonzept entwickelt. Außerdem gilt ein strenges Datenschutzkonzept.

Und so läuft eine Befragung im Untersuchungszentrum ab: Nach der Begrüßung erfolgt eine persönliche Befragung zu sozialwissenschaftlichen Aspekten mittels Fragebogen (vorab mitgebrachter Bogen plus computergestützte Befragung mit standardisierter Gesprächsführung). Anschließend putzt der Proband seine Zähne an einem abgetrennten Mundhygieneplatz, was per Video aufgezeichnet und später ausgewertet wird. Dann erfolgt die zahnmedizinische Untersuchung: parodontale Befunderhebung (zum Beispiel Sondierungstiefe und Attachmentlevel), Erhebung von Plaque-Status, Prothetikversorgung (zum Beispiel Zahnersatz und Implantatversorgung), Karieserfahrung und -versorgung (zum Beispiel DMFT-Index, Füllungen, Wurzelkaries) und Erhebung von Mundschleimhautbefunden. Zum Schluss erhält der Proband eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 20 Euro.

Die Datenerhebung und das Datenmanagement erfolgen durch das Feldinstitut CernerEnviza, München. Die Auswertung der Zahnputzaufnahmen übernimmt das Institut für Medizinische Psychologie der Justus-Liebig-Universität Gießen.

Veröffentlicht wird in zwei Wellen

Die Studienergebnisse sollen in zwei Wellen veröffentlicht werden. 2024 soll es eine erste Berichterstattung vornehmlich zu den querschnittlichen Studienergebnissen geben. Im Jahr 2025 soll dann eine zweite Berichterstattung zu den longitudinalen Studienergebnissen folgen. Die Berichterstattung ist in Form von wissenschaftlichen Fachartikeln geplant, und zwar auf Deutsch und auf Englisch in den Zeitschriften „Deutsche Zahnärztliche Zeitschrift“ und „Deutsche Zahnärztliche Zeitschrift International“. Insgesamt werden rund 25 Fachaufsätze angestrebt. Zeitgleich sollen auch zwei Kurzberichte für die Öffentlichkeit verfasst werden.

Dieser Artikel erschien zuerst in den „zm“. Wir bedanken uns für die Nachdruckerlaubnis.