Ohne Frauen geht es nicht

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

noch ist unklar, was wir von der schwarz-roten Koalition in der Gesundheitspolitik zu erwarten haben. Klar ist: Die Herausforderungen sind riesig. Die gesetzliche Krankenversicherung steht finanziell mit dem Rücken zur Wand. Ohne echte Reformen werden sich die Probleme unseres Gesundheitswesens nicht dauerhaft lösen lassen, wie auch der Gesundheitsökonom Prof. Dr. Andreas Beivers in diesem BZB feststellt. Die Akteure schauen deshalb gespannt auf das Bundesgesundheitsministerium, das erstmals seit 16 Jahren wieder von einer Frau geleitet wird. Die Ernennung von Nina Warken war eine echte Überraschung. Gesundheitspolitisch ist die 46-jährige Juristin bislang nicht in Erscheinung getreten. Aber das muss kein Nachteil sein. Immerhin gilt Warken als Krisenmanagerin. So ist sie seit zehn Jahren Präsidentin des Technischen Hilfswerks in ihrem Heimatland Baden-Württemberg. Was mir am besten an Warken gefällt: Sie will zuhören! In ihrer ersten Rede kündigte sie an, den Dialog mit den Praktikern führen zu wollen. Und damit unterscheidet sie sich ganz erheblich von ihrem Vorgänger Karl Lauterbach, der die gewählten Vertreter der Ärzte- und Zahnärzteschaft pauschal zu Lobbyisten erklärte. Selbst enge Mitarbeiter erkannten bei ihm „autistische Züge“, wenn er seine einsamen Entscheidungen via Social Media bekannt gab. Ich bin zuversichtlich, dass sich mit Frau Warken die Kommunikationskultur verändern wird.

Auch in Bayern haben wir mit unserer Gesundheitsministerin Judith Gerlach sehr gute Erfahrungen gemacht. Sie ist offen für Vorschläge aus der Selbstverwaltung und begegnet uns mit Wertschätzung – wobei dies – anders als in Berlin – auch bei ihren Vorgängerinnen und Vorgängern der Fall war.

Bundesweit sind mittlerweile 47,5 Prozent der Zahnärzte Frauen. Das muss sich endlich auch in der Standespolitik widerspiegeln. Vor diesem Hintergrund bedauere ich es sehr, dass mit Dr. Ute Maier die erste Zahnärztin im Vorstand der Bundes-KZV ihren Rücktritt erklärt hat. Sie begründete dies unter anderem damit, dass sie als Frau nicht den Rückhalt erfahren habe, den sie sich gewünscht hätte. Von ihren männlichen Kollegen hätte sie sich im Umgang mit ihrer Person mehr Sachlichkeit und Empathie gewünscht. Ich hoffe, dass sich die Angesprochenen diesen Appell zu Herzen nehmen.

Für mich jedenfalls kann ich feststellen, dass ich mich als erste Frau im Vorstand der KZVB vom ersten Tag an ernst genommen fühlte. Meine beiden Vorstandskollegen, die beide weitaus länger im standespolitischen Geschäft sind als ich, machten mir den Einstieg leicht. Ich hatte genügend Zeit, mich in die komplexen Strukturen und Zusammenhänge im Gesundheitswesen einzuarbeiten. Innerhalb der KZVB haben wir ein klares Ressortprinzip, das auch gelebt wird. Wichtige Entscheidungen treffen wir gemeinsam. Auch deshalb waren wir als starkes Team bei den Verhandlungen mit den Krankenkassen bislang erfolgreich.

Mein persönliches Fazit: Frauen können sich in der Selbstverwaltung nur dann durchsetzen, wenn ihnen die Männer mit Respekt und auf Augenhöhe begegnen. Ich hoffe, dass die Zeiten, in denen einige von uns als Quotenfrauen gesehen und behandelt werden, bald endgültig Geschichte sind. Denn ohne Frauen ließe sich die zahnmedizinische Versorgung schon seit Langem nicht mehr aufrechterhalten. Jetzt liegt es an uns, dass wir auch in der Standespolitik die Rolle einnehmen, die wir in der Versorgung schon heute spielen. Bereits nächstes Jahr finden in Bayern wichtige Wahlen statt. Mein Appell an die Kolleginnen: Kandidieren Sie! Und vor allem: Wählen Sie!

Ihre Marion Teichmann
Stv. Vorsitzende des Vorstands der KZVB