Liebe Kolleginnen und Kollegen,
acht Jahre hat es gedauert, von 2017 bis 2025. So viel Zeit verging, seit der Deutsche Ärztetag beschlossen hatte, die Bundesärztekammer möge eine neue GOÄ mit der privaten Krankenversicherung (PKV-Verband) und Beihilfe aushandeln und dann beim Bundesgesundheitsministerium einreichen. Mit einem Inkrafttreten als Rechtsverordnung ist nicht vor 2027 zu rechnen, damit wären die zehn Jahre dann voll.
Zehn Jahre hat also der Berg gekreißt und herausgekommen ist eine Maus, eine „lächerliche Maus“, wie es bei Horaz wörtlich heißt. Nicht vom Umfang her – nein, vom bloßen Umfang her entstand keine kleine Maus, sondern ein bürokratisches Monstrum. Knapp tausend Seiten in kleiner Schrift hat man zusammengeklopft und vielleicht kommt ja im Bundesgesundheitsministerium noch was dazu. Die neue GOÄ enthält fünfmal so viel Text wie die aktuelle; wer so etwas produziert, darf sich als ärztliche Standesvertretung nie mehr über zu viel Bürokratie im Gesundheitswesen beklagen!
Inhaltlich ist das Verhandlungsergebnis desaströs und ein traurig-eindrucksvolles Beispiel für die alte Volksweisheit, dass selten etwas Besseres nachkommt. Unglaublich, aber wahr: Es soll keinen Gebührenrahmen mit individuellen Steigerungsmöglichkeiten mehr geben.
Mit den Steigerungsfaktoren wird das zentrale Werkzeug zur Abbildung tatsächlicher Leistungsintensität abgeschafft. Als ob jede Leistung bei jedem Patienten gleich aufwendig wäre. Eine solche Gleichmacherei darf es im zahnärztlichen Bereich niemals geben. Der Steigerungsfaktor ist kein Bonus, er ist ein Bollwerk gegen Pauschalisierung und Mittelmaß. Ohne ihn würde individuelle, verantwortungsvolle Zahnmedizin zur Massenabfertigung degradiert. Nicht mit mir, nicht mit diesem BLZK-Vorstand!
Die Begründung für die Preisgabe der Steigerungsfaktoren klingt wie eine Unterwerfungserklärung des freiberuflichen Denkens vor der Bürokratiemacht der Beihilfestellen und der Versicherungskonzerne: Streitbehaftet sei das Steigern, darum verzichtet man lieber darauf. Wer so redet, hat innerlich längst kapituliert.
Ebenso ist keine Dynamisierung der Vergütungen zum Ausgleich der Inflation vorgesehen. Die Hoffnung richtet sich auf eine „Gemeinsame Kommission“ aus Beihilfe, PKV-Verband und Bundesärztekammer, die sich um die Weiterentwicklung kümmern soll. Nach 30 Jahren Stillstand beim Punktwert zu glauben, dass die andere Seite beziehungsweise der Staat in Zukunft entgegenkommender sein werde, ist mehr als naiv.
Dieses Konstrukt kann in keiner Weise Vorbild für uns Zahnärzte sein! Für uns steht der GOZ-Punktwert im Vordergrund. Seit bald 38 Jahren liegt er unverändert bei 5,62421 Cent beziehungsweise 11 Pfennigen. Solange er nicht als vertrauensbildende Maßnahme dem Inflationsgeschehen angepasst wird, ist eine Überarbeitung des Gebührenverzeichnisses sinnfrei.
Bis dahin ist § 2 GOZ das Mittel der Wahl, um ein angemessenes Honorar zu definieren. Nur so kann hochwertige Zahnmedizin flächendeckend in ganz Bayern angeboten werden.
Ihr Dr. Dr. Frank Wohl
Präsident der Bayerischen Landeszahnärztekammer