Foto: PhotoSG/Tekin (KI-generiert) -stock.adobe.com

„Damit die Versorgung sicher bleibt“

Forderungen der KZVB an die künftige Bundesregierung

Die vorgezogene Bundestagswahl am 23. Februar 2025 kann eine Chance sein. Zumindest dann, wenn es danach zu einem Kurswechsel in der Gesundheitspolitik kommt. Die KZVB hat deshalb die Kampagne „Wählen Sie Gesundheit“ gestartet. Auf der Website kzvb.de/bundestagswahl findet sich unter anderem der nachfolgende Forderungskatalog.

Bayern ist zahnmedizinisch qualitativ und quantitativ (noch) gut versorgt. Die Patienten finden in allen Regionen einen Zahnarzt in zumutbarer Entfernung. Die Wartezeiten auf einen Zahnarzttermin sind deutlich kürzer als bei anderen Fachärzten.

Damit das auch in Zukunft so bleibt, braucht es Rahmenbedingungen, die maßgeblich von Entscheidungen des Gesetzgebers abhängen. Aktuell beobachten wir eine Tendenz weg von der Niederlassung hin zur Anstellung. Die Praxislandschaft dünnt sich aus. Die Gründe dafür sind vielfältig. Die wichtigsten fassen wir in diesem Papier kurz zusammen.

1. Honorierung

Der Punktwert in der privaten Gebührenordnung (GOZ) ist seit 1988 unverändert. Die Praxis- und Lebenshaltungskosten haben sich seitdem vervielfacht. Die Zahnärzte brauchen endlich eine Anpassung des GOZ-Punktwertes an die Kostenentwicklung. Außerdem muss der GOZ-Punktwert indexiert werden. Konkret heißt das, dass er künftig regelmäßig an die Verbraucherpreise angepasst wird.

Die Honorare in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) haben sich durch konstruktive Verhandlungen mit den Krankenkassen in den vergangenen Jahren positiv entwickelt. Einige Leistungen werden von der GKV mittlerweile besser vergütet als von der privaten Krankenversicherung (PKV). Gesetzlich versicherte Patienten sind in der Zahnmedizin definitiv keine „Patienten zweiter Klasse“. Dafür sorgt auch das System der befundorientierten Festzuschüsse beim Zahnersatz, das die Eigenverantwortung der Patienten und die Therapiefreiheit des Zahnarztes stärkt. Zudem konnten neue, wichtige Leistungen wie die Behandlung von Parodontitis in den GKV-Leistungskatalog aufgenommen werden.

Die Wiedereinführung der Budgetierung für zahnerhaltende Maßnahmen und die Parodontitisbehandlung gefährdet die Patientenversorgung und die wirtschaftliche Existenz vieler Praxen. Die Budgetierung löst auch nicht die Finanzprobleme der Krankenkassen. Der Anteil der Zahnmedizin an den GKV-Gesamtausgaben liegt bei rund sechs Prozent. Wir fordern deshalb, die Budgetierung umgehend wieder abzuschaffen und den Zahnärzten alle erbrachten Leistungen vollumfänglich zu vergüten.

2. Bürokratie

Die Bürokratiebelastung hat in allen Bereichen des Gesundheitswesens ein nicht mehr akzeptables Maß erreicht. Gerade kleine und mittlere Praxen sind mit der Vielzahl an Vorschriften überfordert. Wir fordern deshalb ein Verfallsdatum für alle gesetzlichen Regelungen im Bereich der Zahnmedizin. Vorschriften, die keinen Nutzen haben, müssen automatisch abgeschafft werden.

3. Telematik-Infrastruktur (TI)

Deutschland hinkt bei der Digitalisierung seines Gesundheitswesens hinterher. Die Probleme sind aber hausgemacht. Die staatliche gematik ist offenkundig nicht in der Lage, eine funktionierende und datenschutzkonforme Telematik-Infrastruktur aufzubauen. Wir fordern einen Reset bei der TI. Sanktionen bei Nichtanbindung sind der falsche Weg. Die TI muss einen echten Mehrwert für die Praxen und die Patienten haben, und sie muss funktionieren. Die Praxen dürfen nicht länger das Versuchslabor für unausgereifte, neue Technologien sein. Die Umwandlung der gematik in eine „Digitalisierungsagentur“ empfinden wir als Entmündigung der Selbstverwaltung. Die Kosten für die TI sind in voller Höhe von den Krankenkassen oder vom Staat zu übernehmen. Eine weitere finanzielle Belastung der Praxen ist absolut inakzeptabel. Die „ePA für alle“ lehnen wir in der jetzigen Form ab. Die Opt-out-Variante gefährdet das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Viele Fragen – etwa zum Datenschutz, zur Arzthaftung und zum Bürokratieaufwand – sind ungeklärt.

4. Medizinische Versorgungszentren (MVZ)

MVZ spielten in der Zahnmedizin bis vor wenigen Jahren kaum eine Rolle. Erst die vom Gesetzgeber geschaffene Möglichkeit, fachgruppengleiche MVZ zu gründen, führte zu einem wahren MVZ-Boom. Hinzu kommt, dass internationale Finanzinvestoren die Zahnmedizin als lukratives Betätigungsfeld entdeckt haben. Da sich MVZ überwiegend in den städtischen Ballungsräumen ansiedeln, beschleunigen sie das Praxissterben im ländlichen Raum. Zwei Drittel der Zahnärzte unter 40 arbeiten heute als Angestellte – ein großer Teil von ihnen in MVZ. Wenn die inhabergeführte Einzelpraxis nicht zum Auslaufmodell werden soll, braucht es strengere Regulierungen für die Gründung und den Betrieb eines MVZ. Dies sollte ausschließlich Zahnärzten gestattet werden. Ein MVZ-Register soll Klarheit über die Eigentümerstruktur liefern.

5. Starke Selbstverwaltung

Die Selbstverwaltung im Gesundheitswesen ist ein hohes Gut. In den vergangenen Jahren wurden die Spielräume der Selbstverwaltung immer weiter reduziert. Auch der Föderalismus wurde im Gesundheitswesen zunehmend ausgehebelt. Gerade der Gesundheitsfonds hat zu einer erheblichen Wettbewerbsverzerrung zwischen den Krankenkassen geführt. Nach wie vor fließen Milliardensummen aus Bayern in andere Bundesländer ab. Dieses Geld fehlt bei der Patientenversorgung im Freistaat. Wir fordern mehr Kompetenzen für die Bundesländer bei der Gestaltung ihrer Versorgungslandschaft und eine Stärkung der Selbstverwaltung.

6. Erhalt der Freiberuflichkeit

Der freiberuflich tätige Arzt und Zahnarzt ist der Garant einer qualitativ hochwertigen Versorgung. Der Freiberufler übernimmt die volle Verantwortung für seine Therapieentscheidung und orientiert sich primär am Wohle des Patienten. In Medizinischen Versorgungszentren mit vielen angestellten Ärzten oder Zahnärzten steht dagegen vielfach die Gewinnmaximierung an erster Stelle. Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass in MVZ Leistungen erbracht werden, die medizinisch nicht indiziert sind. Auch die Behandlungsqualität leidet, wenn die Behandler häufig wechseln. Dies zeigt auch der Blick in andere EU-Staaten mit rein staatlichen Gesundheitssystemen. Gerade die Zahnmedizin lebt vom Vertrauensverhältnis zwischen Zahnarzt und Patient. Wir fordern von der Politik, dass sie die Freiberuflichkeit weiterhin als ideale Form der Berufsausübung im ambulanten Sektor anerkennt.

7. Nachwuchs

Der demografische Wandel macht vor der Zahnmedizin nicht Halt. Jeder zweite Zahnarzt in Bayern ist über 50, fast jeder vierte über 60. Gleichzeitig beobachten wir eine Tendenz zur Anstellung. Wir brauchen politische Entscheidungen, die den jungen Kolleginnen und Kollegen wieder Lust auf die Niederlassung machen. Auch der Fachkräftemangel muss von Gesundheits- und Standespolitik gemeinsam angegangen werden. Zahnmedizinische Fachangestellte haben Anspruch auf eine angemessene Vergütung. Dies muss sich in der Vergütung der Zahnärzte widerspiegeln.

Leo Hofmeier


WER STEHT FÜR WAS?

„Bitte denken Sie bei Ihrer Wahlentscheidung auch an die Zukunft Ihrer medizinischenund zahnmedizinischen Versorgung“, heißt es auf einem Plakat, das die KZVB den Praxenim Vorfeld der Bundestagswahl zur Verfügung stellt. Eine ziemlich vage Formulierung,aber als Körperschaft des öffentlichen Rechtes ist die KZVB zu politischer Neutralität ver-pflichtet. Wenn sich der „mündige Wähler“ mit den gesundheitspolitischen Programmender Parteien auseinandersetzen will, hilft ihm dabei der „Wahl-O-Mat“, der von der Bun-deszentrale für politische Bildung (bpb) „gefüttert“ wird. In dem Online-Tool kann mannachschauen, wer für den Erhalt des dualen Systems von gesetzlicher und privater Kranken versicherung ist und wer die Einheitsversicherung einführen will. Auch zur Weiterentwicklung der Gebührenordnungen oder zum Umgang mit internationalen Investoren in derambulanten Versorgung haben die Parteien unterschiedliche Vorstellungen. Der Wahl-O-Mat für die Bundestagswahl am 23. Februar 2025 ist laut der bpb zweibis drei Wochen vor dem Wahltermin online.

Den Link finden Sie auf kzvb.de/bundestagswahl. Ein Plakat sowie Flyermit Forderungen der Zahnärzteschaft können Sie per E-Mail bestellen unter presse@kzvb.de.