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Unternehmen Zahnarztpraxis

Teil 8: Praxiskaufvertrag

Wer eine Zahnarztpraxis erfolgreich führen will, braucht mehr als nur zahnmedizinisches Fachwissen. Fast genauso wichtig ist betriebswirtschaftliches Know-how. Das BZB beleuchtet in der Serie „Unternehmen Zahnarztpraxis“ die wichtigsten betriebswirtschaftlichen Aspekte, auf die es bei der Gründung und Führung einer Praxis ankommt. Im achten Teil geht es um das Thema Praxiskaufvertrag. Der folgende Beitrag von Dr. Thomas Rothammer, Steuerberater und Fachanwalt für Medizinrecht, basiert auf einem Vortrag für das „Kursprogramm Betriebswirtschaft“ der eazf.

Der Praxiskaufvertrag spielt im Leben eines niedergelassenen Zahnarztes mindestens zweimal eine wesentliche Rolle. Zum einen ist der Praxiskaufvertrag für den niederlassungswilligen Existenzgründer der Einstieg in die Selbstständigkeit und neben dem Praxismietvertrag die vertragliche Grundlage seiner weiteren wirtschaftlichen Tätigkeit. Zum anderen ist der Praxiskaufvertrag für den abgabewilligen Zahnarzt meist der Abschluss seiner beruflichen Tätigkeit, mit dem er sein „Lebenswerk Praxis“ in neue Hände geben möchte.

Ein Praxiskaufvertrag sollte stets schriftlich abgeschlossen werden. Auch wenn das Gesetz nicht ausdrücklich die Schriftform verlangt, sollte ein solch wichtiger Vertrag aus Gründen der Transparenz, Dokumentation und Beweisbarkeit unbedingt schriftlich abgefasst werden, zumal auch die Finanzbehörden und die finanzierende Bank regelmäßig die Vorlage eines schriftlichen Vertrags verlangen. Eine notarielle Beurkundung hingegen ist nur in Ausnahmefällen erforderlich, insbesondere dann, wenn eine (Praxis-)Immobilie mitveräußert werden soll.

Eine Praxis ist kein eigenständiger Gegenstand, sondern die Zusammenfassung mehrerer materieller und immaterieller Gegenstände. Der Praxiskaufvertrag wird nicht über die Praxis als Ganzes geschlossen, sondern über die einzelnen Gegenstände, die in ihrer Gesamtheit die Praxis ausmachen und den Praxisbetrieb ermöglichen. Dies ist einerseits das Praxisinventar, also zum Beispiel die medizinischen Geräte und Vorräte, die Praxismöblierung und der Bürobedarf. Andererseits ist es der immaterielle Praxiswert, der sogenannte ideelle Wert beziehungsweise „Goodwill“.

Regelmäßig nicht übertragen werden etwaige Honorarforderungen gegenüber der Kassenzahnärztlichen Vereinigung beziehungsweise den Patienten sowie die Bankkonten des Abgebers. Spiegelbildlich übernimmt der Erwerber grundsätzlich auch nicht etwaige Schulden oder Verbindlichkeiten des Verkäufers.

Im Praxiskaufvertrag sollte ein konkretes Übernahmedatum vereinbart werden, idealerweise der Beginn eines Kalenderquartals, damit nicht zwei Quartalsabrechnungen durchgeführt werden müssen. An diesem Datum wird dann die Praxis samt aller Praxisgegenstände Zug um Zug gegen Zahlung des Kaufpreises vom Verkäufer an den Käufer übergeben und übereignet.

Am Übertragungsstichtag erfolgt dann eine sogenannte Rechnungsabgrenzung. Alle Honorarforderungen aus zahnärztlichen Leistungen vor diesem Stichtag stehen dem Verkäufer zu, sodass er die bis dahin entstandenen Verbindlichkeiten trägt. Forderungen und Verbindlichkeiten nach diesem Stichtag stehen dem Käufer zu und sind von diesem zu tragen.

Inventar

Dem Praxiskaufvertrag sollte eine Inventarliste beigefügt werden, in der alle wesentlichen Gegenstände der Praxis aufgelistet sind. Meist kann dafür das steuerliche Anlageverzeichnis verwendet werden, das jedoch vorab auf Aktualität und Vollständigkeit überprüft werden sollte. Das Inventarverzeichnis beinhaltet alle wesentlichen Gegenstände der Praxis, die am Übertragungsstichtag in der Praxis vorhanden sein müssen.

Nach der gesetzlichen Regelung schuldet der Verkäufer bei einem Kaufvertrag die Gewährleistung der Mangelfreiheit der Kaufsache. Insbesondere bei Unternehmenskaufverträgen besteht seitens des Verkäufers selten die Bereitschaft, sich für den gesetzlichen Zeitraum von zwei Jahren nach Abgabe der Praxis mit Gewährleistungsansprüchen des Käufers zu befassen, zumal meist gebrauchte Gegenstände verkauft werden. Regelmäßig wird ein sogenannter Gewährleistungsausschluss vereinbart, was rechtlich zulässig ist, soweit der Verkäufer etwaige Mängel nicht arglistig verschweigt. Um den Interessen des Käufers Rechnung zu tragen, sollte der Verkäufer aber garantieren, dass die Gegenstände auch nach dem Vertragsschluss bis zur Übergabe pfleglich behandelt werden und am Übergabestichtag funktionsfähig sind. Selbstverständlich sollte der Verkäufer im Vertrag klarstellen, dass er nicht für den zukünftigen Umsatz und Gewinn der Praxis einstehen kann.

Immaterieller Praxiswert oder „Goodwill“

Als immateriellen Praxiswert beziehungsweise Goodwill wird die Gesamtheit aller Faktoren bezeichnet, die den Wert eines Unternehmens bestimmen, weil sie Einfluss auf künftige Gewinne haben – insbesondere eine funktionierende Praxisorganisation, den guten Ruf, den Standort und den vorhandenen Patientenstamm der Praxis. Für eine erfolgreiche Übertragung des Goodwills bedarf es einiger Regelungen, die es dem Käufer ermöglichen sollen, die übertragenen Chancen wahrnehmen zu können und die Praxis erfolgreich weiterzuführen.

Ein wesentlicher Faktor des Goodwills einer Praxis ist der Patientenstamm. Der Wegfall von Patienten würde den Wert der Praxis schmälern. Um dem vorzubeugen, wird regelmäßig vereinbart, dass der Verkäufer den Praxisbetrieb bis zum Übergabestichtag aufrechterhalten muss. Wird er berufsunfähig oder verstirbt er, sollte dies durch einen Vertreter auf Kosten des Verkäufers beziehungsweise seiner Erben erfolgen.

Zudem sollte immer ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart werden, das dem Verkäufer nach Verkauf der Praxis verbietet, im Einzugsbereich der Praxis weiter ambulant tätig zu werden. Aufgrund gesetzlicher Vorgaben muss ein solches Wettbewerbsverbot sachlich auf das Fachgebiet der Praxis, räumlich auf ihren wesentlichen Einzugsbereich und zeitlich auf höchstens zwei Jahre begrenzt sein. Werden diese Vorgaben nicht eingehalten, droht die Unwirksamkeit der gesamten Regelung.

Für eine erfolgreiche Übernahme der Patientenbeziehungen ist auch die Übernahme der Kommunikationswege wichtig. Ein besonderes Augenmerk sollte daher auf die Übernahme der Telefonnummer gelegt werden. Die Übernahme der Internet-Domain des Abgebers kann erfolgen, wenn diese nicht personenbezogen ist, also den Namen des Abgebers nicht beinhaltet. Ansonsten wäre die Verwendung dieser Domain durch den Käufer mit einem anderen Namen irreführend und nicht erlaubt.

Dr. Thomas Rothammer ist Partner einer auf Heilberufe spezialisierten Kanzlei in Regensburg. Er gehört dem Expertenkreis des ZEP an und referiert regelmäßig zu steuerlichen und rechtlichen Fragestellungen in Zahnarztpraxen.

Laufende Verträge

Im Praxiskaufvertrag sollte genau festgelegt werden, welche laufenden praxisbezogenen Verträge durch den Praxiskäufer übernommen werden sollten. Für den Praxiskäufer kann der Grund hierfür die Übernahme der bestehenden günstigen Konditionen sein. Für den Praxisverkäufer geht es darum, aus den bestehenden Verträgen entlassen zu werden, sodass ihn nach dem Verkauf keine Zahlungspflicht mehr trifft. Die Vertragsübernahme betrifft häufig Verträge im Zusammenhang mit der Praxissoftware, laufenden Leasing- oder Wartungsverträgen oder den Telefonanschluss unter Mitnahme der Telefonnummer. Zu beachten ist, dass eine Vertragsübernahme nicht einfach zwischen Verkäufer und Käufer vereinbart werden kann. Sie ist stets davon abhängig, dass der jeweilige Vertragspartner des Verkäufers dem zustimmt, was meist unproblematisch ist. Ein besonderer Stellenwert kommt dem Mietvertrag über die Praxisräume zu. Dies ist der wirtschaftlich wichtigste Vertrag für den Praxisbetrieb, da hieran die Investitionen in die Praxisräume einschließlich der Installationen für die Behandlungseinheiten und weitere Wertfaktoren wie Standortvorteile oder der Patientenstamm gekoppelt sind. Ein Umzug wäre nicht nur mit erheblichem Aufwand und Kosten verbunden, sondern könnte auch dazu führen, dass ein Teil des Patientenstamms wegfällt. Auf die Übernahme des Mietvertrages oder den Abschluss eines neuen Mietvertrages ist daher bei den Verhandlungen im Rahmen eines Praxiskaufes und bei der Vertragsgestaltung besonderes Augenmerk zu legen. Regelmäßig wird im Kaufvertrag ein Rücktrittsrecht für den Fall vereinbart, dass die Übernahme des bestehenden oder der Abschluss eines neuen Praxismietvertrages scheitert. Der Käufer soll sich dann vom Kaufvertrag ohne Nachteile lösen können, da er meist ohne die Räume keine Verwendung für das Inventar und den Goodwill hat. Details zum Praxismietvertrag können Sie in einem eigenen Beitrag nachlesen, der im BZB 9/2022, S. 50 ff. erschienen ist.

Arbeitsverträge

Die Übernahme einer Praxis stellt in der Regel einen sogenannten Betriebsübergang im Sinne des § 613a BGB dar (siehe BZB 3/2022, S. 38 ff.). Nach dieser Regelung gehen mit Übernahme der Praxis alle bestehenden Arbeitsverhältnisse vom Verkäufer auf den Käufer über. Der Käufer wird Arbeitgeber aller bestehenden Mitarbeiter mit allen Rechten und Pflichten. Dies gilt auch für Konditionen, die nicht schriftlich festgehalten sind, etwa Gehaltserhöhungen oder Sonderzahlungen, die infolge wiederholter Gewährung zum Vertragsbestandteil geworden sind. Der Käufer sollte sich deswegen nicht nur die bestehenden schriftlichen Arbeitsverträge, sondern auch die Lohnabrechnungen beziehungsweise das Lohnjournal vorlegen lassen. Nur so kann der Käufer einer Praxis Klarheit darüber bekommen, welche Verpflichtungen er gegenüber den Mitarbeitern eingeht.

Ein guter Praxiskaufvertrag sollte eine Regelung enthalten, wonach ab der Unterzeichnung des Vertrags alle arbeitsrechtlichen Maßnahmen nur noch mit Zustimmung des Käufers durchgeführt werden dürfen. Dies betrifft insbesondere Lohnerhöhungen, aber auch die Einstellung oder Entlassung von Personal.

Patientenkartei

Eine Besonderheit gilt im Hinblick auf die Patientenkartei. Da der Verkäufer der (zahn-)ärztlichen Schweigepflicht unterliegt, kann er die Patientenkartei nicht einfach dem Käufer überlassen, es sei denn, der betroffene Patient stimmt zu. Um diesem Problem Rechnung zu tragen, wird auf die sogenannte „Zwei-Schrank-Lösung“ zurückgegriffen. Hierbei wird die Patientenkartei des Verkäufers verschlossen und gesondert in einem eigenen Schrank aufbewahrt, ohne dass der Käufer Einsicht nehmen darf. Der Käufer führt eine neue Kartei in einem weiteren Schrank. Sollte ein Patient des Verkäufers mit der Einsichtnahme in seine Patientenakte durch den Käufer einverstanden sein, kann der Käufer diese Akte aus dem einen Schrank in den anderen Schrank transferieren und ab diesem Zeitpunkt als Teil seiner Kartei behandeln. Diese Zustimmung erklärt der Patient auch stillschweigend, wenn er in der Praxis erscheint und weiterbehandelt werden möchte, obwohl er vom Inhaberwechsel weiß. Eine schriftliche Einwilligung ist dann nicht erforderlich. Zu Beweiszwecken sollte aber ein Vermerk in der Akte über das Erscheinen und den Behandlungswunsch des Patienten angefertigt werden. Im Falle digitaler Patientenakten können diese Vorgaben in der Praxissoftware abgebildet werden.

Wichtig ist auch, dass der Käufer das Recall-System des Verkäufers nicht ohne Zustimmung der Patienten weiterführt, da er die Namen und Kontaktdaten der Patienten des Verkäufers grundsätzlich nicht kennen darf. Führt der Käufer den Recall trotzdem fort, hätte dies auch datenschutzrechtliche Konsequenzen.

Kaufpreis

Für die Vertragsparteien ist der Kaufpreis der Praxis von entscheidender Bedeutung. Der Kaufpreis kann und wird von den Parteien frei ausgehandelt und orientiert sich neben dem Zustand und der Ertragskraft der Praxis mehr denn je an der aktuellen Marktsituation, die davon geprägt ist, dass immer weniger junge Zahnärzte sich für die Selbstständigkeit entscheiden.

Regelmäßig wird im Kaufvertrag auch eine Aufteilung des Kaufpreises in einen Anteil für das materielle und das immaterielle Praxisvermögen vorgenommen. Dies hat steuerliche Gründe für den Käufer, da die Aufteilung die Dauer der Abschreibung beeinflusst. Auswirkungen auf den Verkäufer hat die Aufteilung nicht.

Im Interesse des Verkäufers liegt es, sicherzustellen, dass der Käufer den Kaufpreis bei Fälligkeit bezahlt. Hierfür kann vereinbart werden, dass der Käufer eine Bankbürgschaft an den Verkäufer übergeben muss. Zahlt der Käufer nicht, könnte der Käufer die Bank in Anspruch nehmen. Da eine Bürgschaft aber mit Kosten verbunden ist, wird darauf häufig verzichtet. Stattdessen lässt sich der Verkäufer eine unwiderrufliche Finanzierungsbestätigung der Bank vorlegen. Damit bestätigt die Bank, dass der Käufer eine Finanzierung in der benannten Höhe bekommen wird.

Diese Finanzierungsbestätigung verursacht keine Kosten, begründet aber auch keine Ansprüche des Verkäufers. Wenn der Käufer das Geld von der Bank zwar bekommt, aber trotzdem nicht zahlt, kann der Verkäufer keine Forderungen gegen die Bank stellen.

Vertragszahnärztliche Zulassung

Keine Rolle sollte die vertragszahnärztliche Zulassung des Käufers im Kaufvertrag spielen. Da es bei Zahnärzten seit 1. April 2007 keine Zulassungsbeschränkungen beziehungsweise gesperrte Planungsbereiche (mehr) gibt, ist die Zulassung reine Formsache und kann vom Käufer ohne Weiteres herbeigeführt werden. Es wäre daher für den Verkäufer nicht interessengerecht, die Pflichten aus dem Kaufvertrag unter die Bedingung der erfolgten Zulassung zu stellen. Sollte die Zulassung nicht (rechtzeitig) erteilt werden, kann dies eigentlich nur aus Gründen erfolgen, die im Risikobereich des Käufers liegen.

Professionelle Beratung

Die Verpflichtungen der Parteien in einem Praxiskaufvertrag sind vielschichtig und weisen zahlreiche Verflechtungen untereinander sowie zu anderen Bereichen auf. Darüber hinaus geht es meist um viel Geld. Deshalb sollte die Ausarbeitung und Prüfung eines solchen Vertrags stets einem Rechtsexperten anvertraut werden, der nicht nur Erfahrung mit Unternehmenskäufen hat, sondern auch mit den rechtlichen Besonderheiten der (zahn-)ärztlichen Tätigkeit vertraut ist.

Dr. Thomas Rothammer

Regensburg

KURSPROGRAMM BETRIEBSWIRTSCHAFT

Um Zahnärzte bei unternehmerischen Herausforderungen zu unterstützen, hat die eazf ein betriebswirtschaftliches Kursangebot für Assistenten, Angestellte und Praxisinhaber zusammengestellt, das speziell auf die Anforderungen des Unternehmens Zahnarztpraxis zugeschnitten wurde. Das Programm wird von der Bayerischen Landeszahnärztekammer und der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Bayerns im Rahmen ihrer Kooperation gemeinsam getragen. Das BZB berichtet in diesem Jahr über thematisch ausgewählte Vorträge einzelner Referenten und veröffentlicht im Rahmen der Serie „Unternehmen Zahnarztpraxis“ die wichtigsten betriebswirtschaftlichen Tipps für Zahnarztpraxen. Weitere Informationen zum Kursangebot finden Sie auf der Website der eazf: www.eazf.de/sites/zahnarzte-bwl-curricula

HILFE FÜR EXISTENZGRÜNDER: DER BERATUNGSSERVICE DES ZEP

Das ZEP Zentrum für Existenzgründer und Praxisberatung der Bayerischen Landeszahnärztekammer bietet niederlassungswilligen Zahnärztinnen und Zahnärzten in Bayern kostenfrei eine unabhängige und individuelle Erstberatung an.

Terminvereinbarung unter folgenden Kontaktdaten:
ZEP Zentrum für Existenzgründer und Praxisberatung der BLZK
Telefon: 089 230211-412, Fax: 089 230211-488
E-Mail: zep@blzk.de
Weitere Informationen finden Sie auf der Website der BLZK: www.blzk.de/zep