Milliardendeals in der Dentalbranche

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

sollte es noch eines Beweises bedurft haben, wozu der Vormarsch internationaler Investoren in der zahnmedizinischen Versorgung führt, finden Sie ihn auf Seite 18 in diesem BZB: Nach Informationen des „Handelsblatts“ bereitet der schwedische Finanzinvestor Nordic seine European Dental Group gerade für eine Übernahme vor. Geschätzter Verkaufspreis: 1,5 Milliarden Euro! Betroffen wäre auch die deutsche Dein Dental GmbH mit rund 30 Standorten von Hamburg bis Bayern. Ein Milliardendeal über Praxen in der Dentalbranche – das wäre noch vor wenigen Jahren undenkbar gewesen!

Doch die Politik sieht tatenlos zu, wie die Zahnmedizin immer mehr zum Spielball internationaler Investoren wird. Zwar hat zumindest der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) mehrfach weitere Regulierungen für die Gründung und den Betrieb von MVZ gefordert. Doch sein Amtskollege im Bund Karl Lauterbach (SPD) hat offensichtlich Wichtigeres zu tun, als sich mit dem Ausverkauf unserer Versorgungslandschaft zu beschäftigen. Der Kampf gegen Corona und das Milliardendefizit in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) fordern seine volle Aufmerksamkeit. Dabei wird gerade das sogenannte GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG) den Konzentrationsprozess in der Zahnmedizin weiterbefördern. Wenn die vollständige Honorierung aller GKV-Leistungen nicht mehr garantiert ist, wird die Selbstständigkeit ein wirtschaftliches Risiko, auf das sich kaum noch ein junger Kollege einlassen wird. Der Trend zur Anstellung wird weiter zunehmen.

Leidtragende dieser Entwicklung wären vor allem die Patienten im ländlichen Raum, die schon bald weite Wege, weiter eingeschränkte Zahnarztauswahl und lange Wartezeiten für einen Zahnarzttermin in Kauf nehmen müssten – so wie dies bei Haus- und Fachärzten schon länger der Fall ist. Denn MVZ leisten leider kaum einen Beitrag für die Versorgung in strukturschwachen Regionen. Sie siedeln sich weiterhin vor allem in den städtischen Ballungsräumen an.

Die Auswirkungen einer verfehlten Gesundheitspolitik bekommt man in unseren europäischen Nachbarländern vor Augen geführt. So berichteten wir bereits in der letzten Ausgabe des BZB über den Dental-Exodus in Großbritannien, der zu dramatischen Versorgungslücken führt. In Spanien und Frankreich wurden Dentalketten wegen Hygienemängeln behördlich geschlossen oder gingen Pleite. Tausende von Patienten waren plötzlich unversorgt.

Ich hoffe, dass es in Deutschland nicht so weit kommt. Aber wenn wir die flächendeckende Versorgung erhalten wollen, brauchen wir die Unterstützung der Politik. Das gilt sowohl für die ausreichende und vollständige Honorierung unserer Leistungen als auch für einen fairen Wettbewerb zwischen den verschiedenen Praxisformen. Und vor allem: Zahnmedizin gehört in die Hand von Zahnärzten! Nur ihnen sollten die Gründung und der Betrieb eines MVZ gestattet sein. Ganz nebenbei würde diese Maßnahme auch noch einen Beitrag zur Sanierung der GKV-Finanzen leisten. Denn in fremdkapitalfinanzierten MVZ wird pro Fall deutlich mehr abgerechnet als in inhabergeführten Einzel- oder Gemeinschaftspraxen. Ob Herr Lauterbach das schon weiß?

Ihr

Christian Berger

Vorsitzender des Vorstands der KZVB